Neu neu neu! (neuer Blog)

Ab und zu muss man mal was verändern. Bei mir ist es der Blog. Ich habe beschlossen zu Blogspot umzuziehen. Es hat für mich ein paar Vorteile. Für euch hat es den Vorteil, dass es werbefrei ist.

Zukünftig werde ich unter

http://bucheibon.blogspot.de

posten. Bitte aktualisiert eure Feedreader und Lesezeichen. Wer weiß, vielleicht kehre ich zurück, weil mich Blogspot doch aus irgendeinem Grund nervt. Bis dahin findet ihr mich unter der neuen Adresse.

Der alte Blog bleibt natürlich erhalten. Zwei oder drei interessante Sachen habe ich ja hoffentlich die letzten Jahre gepostet.

„Bei der Macht der Science-Fantasy“ (Rezi von Masters of Umdaar)

MastersOfUmdaarDas ist mal was Ungewöhnliches: Ein Quellenbuch für ein Spiel im Stil von „Masters of the Universe“: Fate-Regel-Varianten, Welt und Abenteuer für richtig abgefahrene Science-Fantasy.

Seit „Fate Core“ und „Fate Accelerated“ auf englisch erschienen sind, hat der Verlag Evil Hat eine Patreon-Kampagne laufen, mit der so genannte „Worlds of Adventures“ finanziert werden. Das sind hübsch gemachte Weltenbücher in kleinem Umfang mit neuen Regeln, einem Abenteuer und allem anderen, was dazu gehört. Die Dinger werden nach Fertigstellung mit dem Preis „Bezahl so viel zu willst“ als PDF angeboten. Die Herstellung wird von den Patreon-Mitgliedern bezahlt, sodass nach Veröffentlichung jeder nur noch bezahlen muss, was er möchte.

Es dürfte kein Zufall sein, dass das deutsche Fate-Team ausgerechnet dieses kleine Heft für die erste Übersetzung auswählte. Es sind inzwischen viele kreative Welten erschienen, aber „Masters of Umdaar“ dürfte nicht nur gut zeigen, wie flexibel Fate ist, es ist auch mit Abstand die coolste und abgefahrenste Welt. Ich sage das als jemand, der „Masters of the Universe“ (MotU) noch nicht einmal sehr mag. Als Kind habe ich die Hörspielkassetten gehört, wie viele meiner Freunde auch. Aber schon damals war mir der Reiz von Actionfiguren ein Rätsel. Und schon damals als Kind hatte ich dieses vage Gefühl, dass Marketingentscheidungen der hauptsächliche Grund für die nächste Kassette oder die nächste Figur waren und nicht die Geschichte oder die Welt. Und ich kannte das Wort „Marketing“ noch gar nicht. Als ich viele Jahre später hörte, dass es mal ein offizielles MotU-Rollenspiel gab (habe ich nie gesehen), zuckte ich mit den Schultern. Warum sollte man darin spielen wollen? Sehr viel später, vielleicht ein Jahr vor Erscheinen von „Masters of Umdaar“ unterhielt ich mich auf einer Con mit einem Freund und MotU-Fan und der Reiz des Settings offenbarte sich mir. Gerade die Tatsache, dass die Spielzeugmacher einfach nur Dinge zusammengekloppt haben – Tier, Kreatur und Mensch; Magie und Technik; Fantasy und Laser – macht den Reiz erst aus. Man erhält ein Alles-geht-Setting, das sich selbst nicht ernst nimmt. Fantasy-Superhelden treten gegen magisch-böse Kreaturen an und kämpfen um die Welt. Ich würde damit keine große Kampagne spielen wollen, aber als One-Shot oder Kurzkampagne bringt das bestimmt einen Riesenspaß.

Dabei liest sich die Einführung des kleinen Büchleins alles andere als „cool“, „abgefahren“ oder „kurzweilig“. Sie liest sich: „Blablabla … gottgleiche Wesen aus alter Zeit hinterlassen mächtige Artefakte … blablabla … dunkle Herrscher … blablabla … eher Fantasy als Sci-Fi … blablabla … große Gefühle“ – alles schon gehabt. Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Denn was zunächst ernst und althergebracht klingt, wird ganz anders, wenn es zur Charaktererschaffung geht.

Diese kann zwar normal durchgeführt werden, empfohlen wird aber die Benutzung eines Zufallsgenerators. Zunächst wird eine Bioform bestimmt. Man kann Cyborg sein oder eine Chimäre, ein Tiermensch, Robotertier und ein anderes verrückte Wesen. „Im Zweifelsfall Dinosaurier“, schlägt das Buch vor, wenn man sich nicht entscheiden kann. Die Regeln basieren auf „Turbo-Fate“ („Fate Accelerated“), es gibt also Methoden und keine Fertigkeiten. Die Klasse des Charakters bestimmt seine Methoden. Es gibt Vorschläge wie Krieger, Jäger, Gladiator oder Kampfmagier, man kann aber auch selbst eine Klasse festlegen. Die vier Aspekte sind verhältnismäßig leicht gewählt und bestimmen das Konzept der Figur, einen persönlichen und einen gemeinsamen Aspekt und eine Motivation. Als Stunts stehen dreimal 15 Kräfte zur Verfügung unter denen gewählt (oder ausgewürfelt) werden kann. Laseraugen, magische Waffen und Flügel: alles, was das Herz begehrt. All das zusammen ergibt eine Figur, die direkt aus dem MotU-Fanshop stammen könnte.

Als neue Regeln wird neben ein paar Kleinigkeiten ein erstaunlich komplexes Verfahren für Cliffhanger angeboten. Im Endeffekt sind es mehrere Proben, die auf unterschiedliche Weise angegangen werden können und den Ausgang der gefährlichen Situation entscheiden, in der sich die Charaktere befinden. Mir persönlich ist das Verfahren etwas zu technisch und zu wenig abenteuerlich, aber das ist Geschmackssache.

Falls noch jemand Zweifel daran hatte, dass wir uns ganz tief im Pulp-Action-Land befinden, wird er im kurzen Beispielabenteuer „The Starblades of Su’ul“ eines besseren belehrt. Das Abenteuer soll mittendrin beginnen, nämlich wenn die Charaktere bereits auf der Suche nach der zweiten von ingesamt fünf Sternenklingen sind. Vier überschaubare Szenen (eine natürlich ein Cliffhanger) mit viel Action und Kampf werden hier aneinandergereiht. Das ist nichts Aufregendes, zeigt jedoch in welche Richtung es gehen soll.

Abgeschlossen wird das Buch mit ein paar Punkten über die Welt incl. drei Beispielgegenden; Monster-, Fallen- und Artefaktebau; etwas über die namensgebenden Meister und anderen Kleinigkeiten. Zusammen nehmen die Abschnitte nur wenige Seiten ein.

„Masters of Umdaar“ ist kurz und knackig, wie es sein soll. Der wichtigste Punkt dürfte wohl die (bei Bedarf zufällige) Charaktererschaffung sein, doch erst die vielen anderen kleineren Informationen machen das Buch zu einem vollwertigen Weltenbuch. Es liest sich gut und kurzweilig und lädt zum sofortigen Losspielen ein. Ich jedenfalls möchte mir meine Würfel schnappen, einen Wespen-Mensch-Roboter mit Schwertschwingen und Röntgenblick bauen und losrennen, um die Sternenklingen von Su’ul vor der mächtigen Bluthändlerin Kaji-Sa (der rechten Hand der Königin über die Dinosauroiden) zu retten, die damit die Welt zerstören könnte. Die Rezi bezieht sich auf das englische PDF, doch bei nächster Gelegenheit hole ich mir das Heft.

Masters of Umdaar
Quellenbuch für Fate Core
Dave Joria
Uhrwerk Verlag 2016 | Evil Hat 2015
deutsch | englisch

[Rezi] Destiny Quest I: Die Legion der Schatten

DestinyQuest1-coverDer erste Teil der neuen Spielbuchreihe vom Mantikore-Verlag ist ein wahrer Ziegelstein von einem Buch. Destiny Quest I hat fast 670 Seiten und bietet über zwei Dutzend Questen und Aufgaben für einen mutigen Solohelden.

Bei der großen Menge an Spielbüchern, die der Mantikore-Verlag inzwischen im Programm hat, ist schwer zu sagen, warum mir Destiny Quest besonders aufgefallen ist. Wahrscheinlich ist es ein Mittelding aus schierer Größe und einem ungewöhnlichen Cover. Das Cover mag zwar seltsam anmuten, sticht aber aus der Menge heraus und hat zumindest mich gepackt, auch wenn mich die Energieblitze und -kugeln ein wenig an Animes erinnern und eigentlich nicht passen. Vielleicht war es aber auch die Tatsache, dass das Buch keine einzelne zusammenhängende Geschichte erzählt, sondern eine größere Menge an unterschiedlichen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Der Soloheld reist über mehrere Landkarten, nimmt Aufträge und steigert nach und nach seine Werte, während er eine Aufgabe nach der nächsten bewältigt. Das Buch ist angelegt wie eine Computerspielsandbox, wo man sich frei durch die Welt bewegt und Gefahren stellt, die sich gerade anbieten.

Die Verarbeitung des Buches ist so, wie man es vom Verlag erwartet. Das Papier ist eierschalenfarben und lässt sich gut blättern, die Bindung ist stabil, genau wie das (Soft-) Cover. Zeichnungen im Inneren gibt es außer den Landkarten keine. Die Karten finde ich, ehrlich gesagt, eher mittelmäßig, sie sind nicht sonderlich hübsch und etwas unübersichtlich. Aber sie erfüllen ihren Zweck.

Die Regeln des Spielbuchs bieten zunächst keine Überraschung. Der Held hat fünf Werte: Flinkheit, Kraft, Magie, Rüstung und Lebenspunkte. Bei einem Kampf würfelt man zwei Würfel, zählt die Flinkheit dazu und vergleicht das Ergebnis mit einem gleich gearteten Wurf des Gegners. Der Sieger fügt dem Verlierer Schaden in Höhe von einem Würfel plus Kraft oder Magie zu. Rüstung wird vom Schaden abgezogen. Die Werte verbessern sich während des Abenteuerlebens durch Gegenstände, die der Held auf seinen Reisen findet. Die Startwerte werden anders als in vielen anderen Spielbüchern nicht ausgewürfelt, sondern starten alle bei Null (außer natürlich die Lebenspunkte).

Das Spiel gestaltet sich folgendermaßen: Es gibt drei Karten, eine für jeden Akt. Auf den Karten gibt es immer eine zentrale Zuflucht, mehrere Questen und ein oder mehrere Monster. Diese sind jeweils mit Zahlen versehen, die Abschnitten im Buch entsprechen. Der Spieler beginnt mit der ersten Karte, sucht sich einen Punkt aus, schlägt den entsprechenden Abschnitt auf und legt los. Damit er zumindest theoretisch der jeweiligen Aufgabe gewachsen ist, sind die Questen in Schwierigkeitsgrade unterteilt. Speerquesten sind die einfachsten, Schwertquesten die schwierigsten. Zusätzlich gibt es Monster, die man bekämpfen kann, und für jeden Akt einen Endgegner.

Die Questen selbst sind unterschiedlich lang und meist recht spannend. Meine erste Wahl fiel durch Zufall auf eine Rotkäppchen-Geschichte mit einem extrem nervigen Rotkäppchen, einem Werwolf und einem nicht ganz gelungenen Liebestrank. Das war ein witziger Einstieg. Weiter ging es mit einem verfluchten Bauernhaus, eisigem Nebel und lebenden Vogelscheuchen. Es hat sicher Spaß gemacht, sich durch das Buch zu wühlen. Die Questen bieten die Möglichkeit auch dann einmal zu spielen, wenn man nicht lange Zeit hat. Auch kann man kann das Buch mal für eine Weile beiseite legen, ohne dass es hinterher Probleme gibt, weil man sich nicht mehr an alle Details der vergangenen Geschichten erinnert.

Spielbuchliebhaber werden ihren Spaß an dem Buch haben. Und vielleicht kann ja es auch den einen oder anderen Skeptiker überzeugen, sich einmal in die Welt des Soloabenteuers zu begeben.

Destiny Quest I: Die Legion der Schatten
Spielbuch
Michael J. Ward
Mantikore-Verlag 2015
668 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: 19,95 €

[Rezi] Frankenstein Underground

Frankensteins Monster, die Hauptperson der vorliegenden Geschichte, war einst ein Gegner von Hellboy. Die Kreatur ist eine gequälte Gestalt, Zeit ihres Lebens gejagt und benutzt. Jetzt ist sie an einem Ort angekommen, wo sie eigentlich Ruhe finden sollte vor ihren Verfolgern, doch auch hier klappt das nicht. Wieder taucht ein Jäger auf, der sie für seine egoistischen Zwecke haben will. Der Kampf ist wild. Als alles vorbei ist, stürzt der Boden ein und die Kreatur fällt in eine fremde Welt voller Monster, Mythen, Rätsel und Gefahren – und anderer gequälter Seelen. Was dann in der mystische Unterwelt geschieht, soll an dieser Stelle ein Geheimnis bleiben.

Stimmungsvoll, mit kurzen Dialogen und groß angelegten Bildern entsteht eine Geschichte der besonderen Art. Das Buch ist wahrlich ungewöhnlich. Wer eine typische Geschichte im Hellboy-Stil erwartet, wird vermutlich enttäuscht. Auch wenn einige Elemente wie Mystik und Action durchaus vorhanden sind, ist die eigentliche Geschichte doch anders. Ein Blick in die Leseprobe auf der Verlags-Webseite dürfte klar machen, dass die Erlebnisse von Frankensteins Monster ziemlich abgedreht sind. Ich finde, sie sind „gut abgedreht“, doch das ist natürlich Geschmackssache. Solche Geschichten sind für mich der Grund zu einem Comic zu greifen, denn in Romanform würde sich wahrscheinlich kaum jemand trauen, sie zu erzählen (auch wenn du, lieber Leser, mit Sicherheit ein Gegenbeispiel parat hast).

Vielleicht kann nur Mike Mignola eine solche Geschichte erzählen. Vielleicht kann sie nur mit den Zeichnungen von Ben Stenbeck und den Farben von Dave Stewart erzählt werden. Der flächige, pointierte Zeichenstil unterstützt die Erzählung an jeder Stelle, lässt im Dunkeln, was ins Dunkel gehört, und zeigt, was er zeigen soll. Das Cover vermittelt gut, was ich damit meine. Um der Geschichte und den Bildern Rechnung zu tragen, veröffentlicht Cross Cult den Comic im A4-Format. Die Verarbeitung des Hardcovers hat die gewohnt hohe Qualität – ein Schmuckstück im Regal jedes Sammlers.

Wer mystische, ungewöhnlich Geschichten mag, dem sei „Frankenstein Underground“ wärmstens empfohlen. Ich hatte jedenfalls viel Spaß mit dem Comic und freue mich, ihn meiner kleinen Sammlung zuführen zu können.

Frankenstein Underground
Comic
Mike Mignola, Ben Stenbeck, Dave Stewart
Cross Cult 2015
160 Seiten, Hardcover, deutsch
Preis: 29,95 €

Download: 1 Pot RPG – Deutsche Ausgabe mit Optionalregeln

1-pot-rpg-bogenEigentlich drehen sich unsere Gespräche zurzeit um die Finanzierung von „Beyond the Wall und andere Abenteuer“. In nur wenigen Tagen hat der neue Verlag 62 % der benötigten Vorbestellungen zusammenbekommen. Wird die Nachricht also noch ein wenig weiter verbreitet, sollte eine erfolgreiche Finanzierung des Drucks kein Problem sein. Ich habe inzwischen einen Blick auf ein paar Cover und Layout-Previews werfen können und bin ziemlich begeistert. „Hübsch“ und „gut benutzbar“ werden hervorragend kombiniert. Ich freue mich schon riesig auf die Mappe.

Aber eigentlich will ich ja über das „1 Pot RPG – Deutsche Ausgabe“ sprechen. Wie bereits berichtet, hatten wir einen kurzen Spieltest. Aus Überlegungen daraus, Unterhaltungen mit den Spielern und einer kurzen Diskussion über G+ ergaben sich diverse Vorschläge für Regelalternativen. Ich habe das ursprüngliche Regel-PDF um eine Seite erweitert, auf der ich Regeloptionen aufliste – mit praktischen Kästchen zum Ankreuzen.

Ich bleibe bei der Meinung, dass das System für unkomplizierte One-Shots hervorragend funktioniert, so wie es ist. Regeloptionen sind aber trotzdem immer eine gute Sache. Wie der Spieltest weitergeht, werde ich berichten.

Ich glaube übrigens, die zentrale Regel des Systems wird leicht übersehen. Sie besagt, dass erfolgreiche Attributs-Proben Boni bei Angriffswürfen geben können. Das bedeutet, dass Taktik und Vorbereitung auch die Klassen unterstützen, deren Angriffsbonus sich nicht ändert. Im Testspiel kam das noch nicht wirklich zur Geltung, aber wir spielten ja auch nur kurz.

Download: 1 Pot RPG – Deutsche Ausgabe

[Rezi] Claire North: Die vielen Leben des Harry August

dievielenlebendesharryaugustEs ist eines der besten Bücher der letzten Jahre.

Das Buch lag im Buchladen herum. Es sah hübsch aus und erregte irgendwie meine Aufmerksamkeit. Der Klappentext klang vielversprechend und einen Preis hat es auch noch bekommen (was zumindest verspricht, dass es interessant ist), also kaufte ich es. Danach sah ich, dass das Hörbuch über Audible angeboten wird, und da mein letztes Hörbuch gerade fertig war, beschloss ich, Mr. August direkt eine Chance zu geben.

Harry August wird am 1.1.1919 in einer Bahnhofstoilette geboren. Seine Mutter stirbt an den Folgen der Geburt, und er wächst als Adoptivkind auf. Dann stirbt er – und wird wieder am 1.1.1919 auf der Bahnhofstoilette geboren, immer und immer wieder. Er erinnert sich an seine alten Leben. Eines Tages, als er mal wieder im Sterben liegt, kommt ein kleines Mädchen an sein Krankenbett und überbringt ihm eine Nachricht aus der Zukunft: Die Welt wird viel zu früh untergehen. Das Mädchen bittet Harry August, etwas dagegen zu tun.

Ich habe mich zunächst gewundert, warum das Buch unter Science Fiction einsortiert wird. Vielleicht ist das nur für die Buchhandlungen, weil sich SF besser verkauft als Alternate History. Das Buch hat aber sehr viel von einem SF-Roman. Viele Was-wäre-wenn-Fragen werden gestellt und einige sogar beantwortet.

Claire North erzählt durch ihren Ich-Erzähler Harry August eine relativ ruhige Geschichte. Zunächst springt August durch seine Leben, um in Anekdoten zu berichten, wie es ist, unsterblich zu sein, und wie er versucht, seinen Leben einen Sinn zu geben. Später entwickelt sich das Buch zu einem großartigen Duell zwischen August und … jemand anderem. Ich will nicht zu viel verraten. Claire North wechselt zwischen wissenschaftlichen und philosophischen Betrachtungsweisen und vergleicht sie durch ihre Figuren miteinander. Und wie den besten Schriftstellern gelingt es ihr, ohne großen Pomp und Effekthascherei (von ein oder zwei fiesen Folterszenen vielleicht abgesehen), eine fesselnde Geschichte zu erzählen, die den Leser (oder in meinem Fall: Hörer des hervorragend gelesenen Hörbuchs) nicht loslässt.

Am Ende schlug ich das Buch zufrieden und lächelnd zu. Der Schluss des Buches bestätigt, was ich spätestens ab der Hälfte bereits wusste: Das Buch ist eines der Besten, die ich in den letzten Jahren genießen durfte.

Die vielen Leben des Harry August
Claire North
Roman
Bastei Lübbe 2015
496 S., Hardcover, deutsch
Preis: 19,99 €
(Hörbuch gelesen von Stefan Kaminski)

Beyond the Wall auf deutsch vorbestellen

Der neu gegründete Verlag System Matters, bekannt von dem gleichnamigen Podcast, macht eine Vorbestelleraktion für das großartige Rollenspiel Beyond the Wall. Mein eigener Anteil an dem Projekt ist eher gering (ein paar Beiträge zum SL-Kapitel), doch seit ich von dem Vorhaben weiß, bin ich begeistert. BtW ist ein OSR-Spiel der dritten Generation, nimmt die alten Ideen und Regeln und baut etwas völlig Neues daraus. Meine Highlights in Stichworten:

  • Fantasy für junge Erwachsene wie Erdsee oder Taran und der Zauberkessel.
  • Einstieg ohne Hürde und Vorbereitung.
  • Charaktererschaffung per „Spielbuch“, wo der Hintergrund und die Verflechtungen zwischen der Gruppe und ihrer Umgebung direkt mit eingearbeitet werden.
  • Veröffentlichung in einer hübschen Mappe mit diversen Heften und Bögen, genau wie es am Spieltisch gebraucht wird.
  • Hübscher als das Original, aber mit dem gleichen tollen Cover.
  • Abenteuerbücher mit geführtem Brainstorming und inspirierenden Tabellen, was erlaubt, sofort loszuspielen.
  • Genrebedingt kleinere Geschichten. Es geht um das Heimatdorf der Charaktere und nicht darum, die Welt zu retten.

200 Vorbesteller werden benötigt, um den Druck zu finanzieren. Das ist nicht wenig. Da ist jede Unterstützung willkommen. Wer sich wie ich freut, wenn ein wenig frisches Blut in die deutsche Rollenspielszene kommt, kann ganz einfach helfen, indem er (oder sie natürlich) die Neuigkeit verbreitet.

Hier vorbestellen.

[1 Pot RPG de] Wie wir zu den Würmern hinabstiegen

Am Mittwoch hatten wir Gelegenheit das frisch übersetzte 1 Pot RPG auszuprobieren. Wir spielten per Google Hangouts, was die üblichen Vor- und Nachteile mit sich brachte. Hauptnachteil war die Telekom – natürlich. Nachdem unsere rosa Freunde es zwei Jahre nicht hinbekommen haben, uns eine stabile Leitung zu verschaffen, wurden wir auch dieses Mal diverse Male immer für drei Minuten unterbrochen, in denen sich der Router neu einwählte. Wenn das dem Spielleiter passiert, ist das doppelt ärgerlich, weswegen wir das Spiel auch recht schnell wieder beendeten. Bis dahin hat es aber viel Spaß gemacht. Das Würfeltool, das ich gern benutzt hätte, hat nicht funktioniert, deshalb haben wir einfach alle mit echten Würfeln gewürfelt. Schnell merkte ich, dass ich das auch irgendwie bevorzuge.

Als Abenteuer wählte ich „The Well of Worms“ für „Dungeon Crawl Classics“. Die Monster konvertierte ich nicht. Das widerspricht zwar den Regeln, funktioniert aber und ist einfach. So hatten die Monster Angriffsboni von ein bis vier, festgelegte Rüstungsklassen und Schaden. Es stellte sich schnell heraus, dass das für unsere Gruppe etwas zu wenig ist, ich werde da nachbessern müssen.

Da wir das Regelsystem ausprobieren wollten, erstellten wir Charaktere der 4. Stufe. Die verschiedenen Vorteile der Klassen sind in Stufe 1 einfach zu gering, um einen merkbaren Unterschied zu machen. Leider wollte niemand eine zauberfähige Figur spielen, sodass wir das Zaubersystem nicht testen konnten. Das kommt aber vielleicht noch. So zogen ein Halblingdieb, ein Paladin und ein Barbar (beides Menschen) aus, um ihr alte Heimatdorf vor einer Bedrohung blutsaugender Riesenwürmer zu beschützen. Insgesamt war das Spiel zu kurz, um tiefgreifende Beobachtungen machen zu können, aber ein neuer Termin ist bereits festgesetzt. Ein paar Beobachtungen und Überlegungen gab es natürlich trotzdem.

Ein paar Beobachtungen:

Für einen One-Shot funktionieren die Regeln einwandfrei. Wie zu erwarten, wurden aber ein paar Regelelemente kritisch diskutiert (vor dem Spiel, nicht währenddessen).

  • Die erste gewürfelte Figur war weit unter Durchschnitt, was dem mit D&D3 sozialisierten Spieler überhaupt nicht gefiel. Ich hatte bereits über eine Hausregel nachgedacht, die für weniger breit gefächerte Werte sorgen sollte. Die Figur wurde mit 3W4+3 pro Wert neu ausgewürfelt. So können Werte zwischen 6 und 15 entstehen, was ich etwas sympathischer finde. Der Spieler war danach auch zufrieden. Auf die verbreitete Methode 4W6 und nur die drei höchsten Würfel zählen, wollte ich mich nicht einlassen. Ich denke, so hohe Werte verändern das Spiel auf eine Weise, die ich nicht anstrebte.
  • Als zweites fiel den Spielern auf, das das Geschick der einzige Wert ist, der direkt (und extrem) auf die Kampfwerte einwirkt. Es ist schon ein Unterschied, ob ich eine RK von 10 oder 14 habe, besonders wenn es nur wenige Klassen mit Angriffsboni gibt. Für einen One-Shot ist das kein Problem, für ein etwas längeres Spiel würde ich es wahrscheinlich abändern und die RK komplett von der Rüstung abhängig machen.
  • Stufenbegrenzung: Ich denke, ab Stufe 10 oder 12 bricht das System. Das ist nur eine Vermutung, sie erscheint mir aber wahrscheinlich. Aus diesem Grund würde ich die obere Grenze des Erreichbaren auf Stufe 12 setzen. 12.-Stufe-Charaktere sind die Halbgötter und Legenden der Welt.
  • Zaubersprüche (+2 oder nicht): Ein Spieltest muss zeigen, ob die maximale Anzahl an Zaubern pro Tag lieber Stufe oder Stufe+2, wie ich spontan eingeführt hätte, sein soll.
  • Magische Gegenstände: Da sich nur wenige Werte der Figuren in ihrer Laufbahn verändern, sollten magische Gegenstände zum integralen Bestandteil der Charakterentwicklung gemacht werden, so wie es im alten D&D immer der Fall war. Sonst könnte sich Langeweile einstellen.

Ich habe bereits das 1-Pot-RPG-Dokument um eine Seite mit optionalen Hausregeln erweitert. Es wird demnächst online gehen – spätestens nach der Fortsetzung unserer Runde.

Download: 1 Pot RPG, Deutsche Ausgabe

1-pot-rpg-bogenVor ein paar Tagen berichtete ich über einen Internetfund. Das 1 Pot RPG fand ich auf Anhieb faszinierend. Ein guter Freund hat mich überredet eine Übersetzung davon anzufertigen. Da ich mir vor kurzem ein Layout-Programm gekauft habe, nutzte ich die Chance, spielte damit ein wenig herum und baute ein komplett neues Layout für das Spiel. Es hat jetzt zwei Seiten. Es soll auf ein Blatt gedruckt und in der Mitte gefaltet werden. So erhält man ein „Heft“ mit vier Seiten: Der Charakterbogen ist vorn, Platz für gefundene Schätze und Notizen auf der Rückseite und alle Regeln in der Mitte. Man kann dementsprechend auch nur die erste Seite ausdrucken und hat dann nur den Charakterbogen. Zwei bisher noch ungetestete „Hausregeln“ habe ich bereits eingefügt.

Ein Termin für einen Spieltest habe ich schon angesetzt. Wenn der zustande kommt, werde ich davon berichten. Viel Spaß mit dem Download!

Download: 1 Pot RPG de

Ein Topf, alles drin

Ich war auf der Suche nach einem kostenlosen, klassenfreien D&D-Klon – ein Spiel das flexibel ist und einfach zu lernen, und das ermöglicht, ohne Konvertierung auf entsprechende Abenteuer zurückzugreifen. Ich habe es nicht gefunden.

Dafür habe ich das 1 Pot RPG gefunden. Es ist D&D-ähnlich. Es hat Klassen, sogar zehn Stück. Aber es passt auf eine Seite und ist irre flexibel. Es könnte der erste Ein-Seiten-D&D-Klon sein, der mir für meinen Geschmack genug bietet, das ich ihn mehr als einmal spielen würde. Der Spieltest steht schon fest auf dem Plan.