Archiv der Kategorie: Gumshoe

Ashen Stars ist da

Gumshoe in Space. Ashen Stars, die neueste Inkarnation des Gumshoe-Detektiv-Systems von Pelgrane Press hat gestern endlich seinen Weg auf meinen Tisch gefunden. Dank Sphärenmeister Roland konnte ich aber schon vor ein paar Wochen einen Blick in das PDF werfen, das zusammen mit dem Buch ausgegeben wird (je nachdem, wo man es kauft) und das er mir freundlicherweise schon bei der Vorbestellung schickte.

Die Charaktere spielen „Lasers“, die bezahlte Exekutive im „Bleed“, einem regierungslosen Bereich am Rand der Galaxis. Wenn die örtlichen Behörden nicht mehr weiterwissen, heuern sie die Charaktere an.

Die Spieler spielen also eine Gruppe von Leuten, die durch die Galaxis reisen, um für Geld Fälle zu lösen. Sie bauen sich einen Ruf auf, was natürlich den Preis bestimmt, den sie für ihre Dienste verlangen können bzw. welche Art von Fällen man ihnen zuträgt. Es ist wie Traveller, nur dass mit Gerechtigkeit gehandelt wird und nicht mit Gütern.

Das nenne ich eine großartige Prämisse für ein Rollenspiel. Das Buch ist vollfarbig, hat ca. 300 Seiten und ist das schönste Rollenspielwerk, das ich seit langer Zeit in den Händen halte. Man betrachte nur das tolle Cover.

Ich freue mich schon auf die eingehende Lektüre am Wochenende (in das PDF habe ich nur hineingesehen). Was man so hört, soll der Raumkampf toll geregelt sein.

In der neuesten Ausgabe des Online-Zines See Page XX kann man ein Demoabenteuer finden (keine Kurzregeln, sondern ein 20-Minunten-Mini-Abenteuer mit fertigen Charakteren, das gut geeignet ist, um das System auf Cons vorzustellen). Darin kann man auch das tolle Layout bewundern.

Familientreffen 2011 – Teil 1: Trail of Cthulhu und Pendragon

AdI – der Auf-den-Inseln-Con in Otterndorf – ist vorbei, und auch dieses Jahr soll ein Con-Bericht an vier tolle Tage erinnern. Im Folgenden berichte ich über:

  • Meine erste und wahrlich wahnwitzige Erfahrung mit einem Trail-of-Cthulhu-Abenteuer im „Purist-Stil“ (es heißt „The Rending Box“),
  • mein erstes Pendragon-Abenteuer,
  • CthulhuTech und HeroQuest,
  • unser neues Cthulhu-Abenteuer „Bilderwahn“, das ich nicht gespielt habe,
  • das Brettspiel Betrayal at the House on the Hill,
  • meine erste Erfahrung als Malmsturm-Spielleiter und
  • wie wir im Tablequiz erniedrigt wurden.

Das alles ist für einen einzelnen Post zu lang.

1. Teil: Trail of Cthulhu und Pendragon
2. Teil: CthulhuTech, HeroQuest und Bilderwahn
3. Teil: Betrayal at the Drachenhort of Malmsturm, Tablequiz

1. Teil: Trail of Cthulhu und Pendragon

Den Donnerstag hatte ich bereits frei, ich konnte also mittags einen Freund abholen und mit ihm Richtung Otterndorf fahren. Nach einem leckeren Mittagessen – danke noch mal! – fuhren wir los, quatschten uns schon mal warm und kamen auch noch gut durch. Gut gelaunt konnten wir also schon früh die Zimmer beziehen und warten, bis die anderen Gäste nach und nach eintrudelten. Es war toll, die vielen strahlenden Gesichter zu sehen, wenn sich alte Freunde und „gute Bekannte“ nach einem Jahr wiedertreffen und sich gemeinsam auf vier Tage voller Spiele weit abseits allen alltäglichen Unbills freuen.

Für den Abend hatte ich The Rending Box angesetzt, eines der neueren Trail-of-Cthulhu-Abenteuer, und nach offizieller Begrüßung und Abendessen ging es auch schon los. Um es vorwegzunehmen: Am nächsten Tag hörte ich aus verschiedenen Ecken, wie die Spieler von einem großartigen der Abend berichteten – allerdings aus etwas anderen Gründen, als ich vorher geahnt hätte.

The Rending Box ist das vierte in einer Reihe von Purist-Abenteuern und kann für wenig Geld als PDF auf der Pelgrane-Webseite erstanden werden. ToC unterscheidet zwischen zwei Spielstilen: „Pulp“ und „Purist“. Bei Ersterem haben die Charaktere eine gewisse Chance, die Welt zu retten, können ihre geistige Stabilität wieder auffrischen, Würfelproben besser einschätzen und ganz generell mehr erreichen. Im Purist-Mode wird versucht, die Hoffnungslosigkeit und Grausamkeit der meisten Geschichten Lovecrafts einzufangen. Stabilität regeneriert sich niemals, jede Probe ist ein Risiko und selbst Teilsiege über den Mythos sind immer gepaart mit großen Opfern und grausamen Konsequenzen.

Ich bin eher der „Pulp-Typ“ und hatte mich bisher noch nie an ein Purist-Abenteuer getraut – schon gar nicht auf einem Con – aber The Rending Box hatte tolle Kritiken bekommen und so hatte ich es einfach mal angemeldet, nachdem ich ca. die Hälfte gelesen hatte. Da es voraussetzt, dass die Spieler Freude an Wahnsinn im Spiel haben, warnte ich sie entsprechend vor.

Ich hätte es ahnen müssen, es traf mich dennoch unvorbereitet, wie sehr die Spieler in der Idee wahnsinnig zu werden aufgegangen sind. Die ersten spielten (den mitgelieferten Charakteren entsprechend) ihre Figuren von der ersten Sekunde an ziemlich irre und das steigerte sich je weiter der Abend voranschritt.

Um es kurz zu machen: Wir haben Tränen gelacht. Das Abenteuer lief irgendwie dahin und lustiges Charakterspiel beherrschte die komplette Handlung. Dadurch war leider das Ende etwas unglaubwürdig, denn als sich die Spieler begannen gegenseitig niederzuschießen, war eine entführte Hotelangestellte irgendwie nicht mehr so wichtig.

Fazit: Ich weiß jetzt, welche Art Abenteuer ich nicht wieder auf dem AdI anbieten werden, wer mich aber deswegen bedauert, hat etwas Grundlegendes nicht verstanden. Ich kann nur sagen: Danke, Leute!. Solche Erlebnisse sind für mich der Grund, warum AdI der beste Con des Jahres ist.

Pendragon verlief ruhiger. Der Spielleiter erklärte zu Beginn recht viel, was zwar einige Zeit des Zuhörens erforderte, aber im Gegenzug die Welt und die Regeln sehr gut vermittelte. Das Abenteuer begann mit einer kurzen Schlacht und brachte uns danach in ein vergessenes, verfluchtes Dorf, das von einem Stiermenschen heimgesucht wurde. Das bedrohliche Monster aus dem Wald sorgte für eine mythische Stimmung und der Priester des Dorfes war gut dargestellt. Insgesamt eine schöne und vor allem vom Spielleiter gut vermittelte Geschichte.

Wirklich beeindruckt hat mich aber das Spielsystem. Mit relativ einfachen Mitteln werden Details vermittelt, die man in anderen Systemen nicht findet: Das Chaos der Schlachten, die Wirkung von Schilden und Rüstungen, das Risiko im Kampf umgeworfen zu werden, Ritterlichkeit u. v. m. Ein Kampf wirkt verhältnismäßig „realistisch“, ohne von Details niedergedrückt zu werden.

Ritterlichkeit wird durch Charakteristika vermittelt, eine Reihe Adjektive, die jeweils im Doppelpack auftauchen: Fromm und weltlich, keusch und lüstern, gnädig und rachsüchtig, … Die Summe der Punkte pro Paar ist immer gleich. Proben können auch darauf gewürfelt werden.

Pendragon ist nicht „Rules light“, bietet aber mit einfachen Mitteln mehr, als so manch anderer fetter Rollenspielschinken. Im Probespiel kamen natürlich viele Dinge aus dem Regelwerk noch gar nicht zum Tragen, aber auch so war es beeindruckend. Ritter, Mythen, Monster, Sachsen und Pikten … was will man mehr?

Teil 2 des Berichts folgt demnächst.

Cthulhu-Con 2011

Wo ich berichte von:

  • Einer wichtigen Lehre, die ich aus einem Gumshoe/Trail-of-Cthulhu-Spiel gezogen habe,
  • einer Runde Malmsturm,
  • meiner ersten Runde Gamma World 4 und
  • zwei weiteren Runden: Cthulhu by Gaslight und Dread

Die Anreise lief erstaunlich glatt. Das Wetter war ok und das Navi steuerte mich sicher um einen 10 km langen Stau herum. Die Stimmung war bei meiner Ankunft schon gut. Man stand im Hof der tollen Burg Rieneck und quatschte. Ich aß einen Happen und schon beim Beladen des Tellers kam es zu den ersten netten Gesprächen. – Das ist der Grund, warum ich zu Cons fahre.

Ein paar Stunden nach mir kamen auch Daniel und Macthulhu an und somit mein Spielleiter für den Freitagabend. Wir spielten Gamma Cthulhu, eine cthuloide Geschichte mit den Regeln von Gamma World 4. Das Spiel ist echt witzig.

Die Welt von Gamma World befindet sich durch den „Vorfall“, einer Katastrophe bei Experimenten mit Chaostheorien, in einem ständigen Flux. Tausende verschiedener Welten sind zu einer verschmolzen und in 80 % davon gab es einen nuklearen Krieg. Die Erde ist verrückt geworden. Lebende Pflanzen kämpfen gegen Spinnenmenschen und intelligente Schwarmroboter. Mutationen verändern die Menschen und anderen Wesen ständig und immer wieder, weil die Realität nicht so stabil ist, wie es wünschenswert wäre.

Man erschafft die Charaktere komplett per Zufall. Zwei Typen werden ausgewürfelt, ebenso die Grundwerte Stärke, etc. Daraus ergeben sich besondere Fähigkeiten und Angriffe. Ich war Katzenmensch und Pyrokinetiker, man kann aber auch Roboter oder Schwarmwesen (oder beides), Telekinet oder Pflanzenwesen werden. Durch die Kombi ergeben sich irrwitzige Figuren. Bei uns ergab es sich (wir haben nur leicht nachhelfen müssen), dass wir fünf Pyrokinetiker wurden: „Die feurigen Fünf“ waren geboren.

Das Abenteuer war GW4-typisch eine Aneinanderreihung von Kämpfen, und natürlich wurden Pläne und Figuren benutzt. Die Kämpfe waren weniger taktisch, als ich erwartet hatte, was aber auch an unserer Unkenntnis der Regeln und der fortgeschrittenen Zeit liegen könnte. Wirklich Spaß macht die Tatsache, dass man vor jedem Kampf eine Mutationskarte zieht, die eine nur für diesen Kampf geltende Sonderfertigkeit enthält. Diese gewinnbringend einzusetzen, lockert so ein Gemetzel gewaltig auf. Wir hatten jedenfalls viel Freude, während wir uns gegen Fischmenschen behaupteten und schließlich Dagon selbst umhauten.

Gleich am nächsten Morgen ging es mit einer zweiten Runde weiter, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte: Daniel leitete Malmsturm, oder in diesem Fall: Call of Conan.

Wir machten eine verkürzte Charaktererschaffung ohne Talente und mit nur drei Aspekten und sechs Fertigkeiten. Das reichte zum Ausprobieren vollkommen aus. Unsere Barbaren wurden auf einer Insel angespült und sahen kurz darauf eine Prozession von Fischmenschen, die ein paar Frauen in eine widerwärtige Stadt mit ekelerregender (nicht-euklidischer) Architektur führten. Die Fatepunkte strömten und wir erfanden einen Geheimgang in den Stadt, ein Gefängnis für die Männer der Frauen und besiegten schließlich den großen Cthulhu selbst. Auch wenn wir sicherlich nicht alle Nuancen von Malmsturm genutzt haben, konnte man die Vorzüge des System schon gut erkennen. Es war eine sehr witzige und kreative Runde.

Nachmittags bot ich ein weiteres Mal Dread an, zum zweiten Mal das Abenteuer „Beneath the Mask“. Die Runde war wieder sehr laut und lebendig. Der Turm sorgte wie immer für eine Menge Spannung, auch wenn er diesmal früher umfiel, als ich erwartet hatte. Er war wohl doch schon instabiler als gedacht. Besonders schön war das Rollenspiel innerhalb der Gruppe. Besondere Erkenntnisse habe ich aus der Runde nicht gezogen, aber ein paar hervorragende Spieler und sehr nette Leute kennengelernt, von denen sich netterweise gleich zwei auch für meine Trail-of-Cthulhu-Runde am Sonntag eintrugen.

Dread gelingt eigentlich immer. Wenn man auf einem Con etwas Besonderes anbieten will, kann man nichts falsch machen.

Um 15 h mussten wir das Spiel kurz unterbrechen, um uns im zentralen Saal zu versammeln. Dort wurde verkündet, dass Frank Heller als Chefredakteur zurücktritt und Heiko Gill seinen Posten übernehmen wird. Eigentlicher Anlass für die Versammlung war aber die offizielle Überreichung von einer Frank-Heller-Sonderausgabe der Cthuloiden Welten, die zu seinen Ehren von vielen Mitarbeitern angefertigt worden war.

Abends spielte ich „Eyes of the Blind“, ein Abenteuer für Cthulhu by Gaslight – wieder mit Daniel als Spielleiter. Der Einstieg war ein Knaller. Ein Mord im dunklen Zug, begangen von einem Mann, der eigentlich seit Stunden hätte tot sein müssen. Leider musste Daniel das Abenteuer vorzeitig abschließen (was ihm aber sehr gut gelang), weil wir alle zu müde wurden. Er selbst war etwas unzufrieden, aber mir, und ich glaube auch den anderen Spielern, hat es sehr viel Spaß gemacht. Ein Mitspieler aus der Dreadrunde war wieder mit dabei und hat gezeigt, wie gut er ist. Ich ärgere mich, dass ich seinen Namen vergessen habe.

Meine letzte Runde des Cons startete Sonntagnachmittag. „Dr. Grave Dust“ ist eine Frankenstein-/Zombie-Geschichte aus Shadows Over Filmland für Trail of Cthulhu. Aus Spielleitersicht lief es super. Die Spieler hangelten sich an den Hinweisen entlang und auch die Stimmung schien gelungen (soweit man das von diesseits des Sichtschutzes beurteilen kann). Irgendwann kam es zu einem Kampf, der wieder viel länger dauerte als angenommen. So musste ich die Geschichte am Ende etwas straffen, damit wir rechtzeitig zum Tablequiz fertig werden konnten. Zu diesem Zweck musste ich eine Nachforschungsszene stark zusammenfassen, den Spielern die Hinweise praktisch einfach aufzählen, damit es zum Showdown gehen konnte. Hier lernte ich auch eine wichtige Lektion über Gumshoe/ToC.

Einer der Spieler merkte an, dass die Fertigkeiten irgendwie „beliebig“ wären, wenn alle Fertigkeiten in der Gruppe vorhanden sind und nicht gewürfelt wird: „Wenn du fragst, wer die Fertigkeit hat, und dann die Info rausgibst, kannst du sie auch einfach vorlesen.“ Da hat er absolut recht. Ich habe das immer wieder getan, um die Geschwindigkeit des Abenteuers schnell zu halten, besonders gegen Ende. Das darf man nicht zu häufig machen, sonst wird es wahrhaftig beliebig. Lektion aus diesem Abenteuer: Die Spieler meist selbst rätseln und Fertigkeiten anwenden lassen und möglichst selten nach einer Fertigkeit fragen, auch wenn eine Szene etwas länger dauert.

Die Tablequizfragen zeigten uns wieder einmal wie unwürdig wir sind, obwohl Pegasus-Verlagsleiter Janni Steines mit am Tisch saß. Immerhin wurden wir Dritte, aber der Gewinner war sehr weit weg.

Damit war der Con auch schon wieder vorbei. Am nächsten Tag gingen wir noch mit ein paar Leuten in ein Restaurant und aßen eine Kleinigkeit zu Mittag. Es war, wie man sich Innsmouth vorstellen würde, mit schweigenden Dorfbewohnern, die uns anstarrten und plötzlich ganz leise wurden, wenn wir uns unterhielten. Das Essen war aber lecker.

Wie immer war es ein toller Con. Die Organisation lief völlig reibungslos und der zusätzliche Tag war mehr als willkommen. Wenn es klappt, bin ich nächstes Jahr bestimmt wieder dabei.

Hspielt!: Die DS-Box und ein weiteres Mal Trail of Cthulhu

Der Con Hannover spielt! ist für mich immer entspannend. Er ist nah genug dran, dass es zumindest keine Weltreise ist und vor allem so nah, dass es sich lohnt für nur einen Tag zu fahren.

Ich war erst gegen zwei Uhr im Gebäude und rannte gleich ein paar Pegasus-Mitarbeitern in die Hände. Wir schnackten eine Weile und dann, bevor ich mich an Rundenanmeldung oder Kaffeetrinken machen wollte, ging ich erstmal rum und habe mir die Verkaufsstände angeguckt. Ich brauchte eine neue Cthuloide Welten. Ausgabe 20 war pünktlich per Abo erschienen, doch ich hatte einen halben Becher Kaffee darüber gegossen. So gründlich war ich beim Zerstören eines Papierwerks schon lange nicht mehr. Da Pegasus wie immer Hauptsponsor des Cons war, gab es natürlich auch einen Stand und dort bekam ich das Heft. Nummer 19 war übrigens bereits nach ein paar Monaten ausverkauft, wer also eine Ausgabe wünscht, sollte nicht zu lange zögern.

Mit großer Freude entdeckte ich, dass die neue Dungeonslayers-Box bereits verkauft wurde. Zwei große Tische mit Uhrwerk-, Ulisses- und Cublicle-7-Bücher waren da und der hohe Stapel mit den kleinen Boxen fiel sofort ins Auge. Moritz hat bereits ein Foto vom Box-Inhalt gepostet, deshalb will ich dazu gar nicht mehr viel sagen. Nur den Bogen mit fertigen Charaktere ist auf dem Foto nicht zu sehen. Das Heft „Einstieg ins Abenteuer“ habe ich heute Morgen überflogen. Mehr ist für einen erfahrenen Rollenspieler auch nicht nötig. Es richtet sich an Einsteiger, enthält eine Erklärung, was Rollenspiel ist und ein ausführliches und sehr gelungenes Beispiel. Wer nach der Lektüre der diversen Seiten nicht weiß, was ihn im Rollenspiel erwartet, ist selbst schuld. Auf einen kurzen Artikel über die Aufgaben eines Spielleiter („Sei fair“ u. ä.) folgt ein Beispielabenteuer. Für dieses ist auf der Rückseite der DIN-A3-Caera-Karte eine Battlemap eines kleinen Höhlensystems und alle benötigten Counter sind auch vorhanden. Das Abenteuer ist zur Hälfte wie ein vereinfachtes Solo aufgebaut. „Wenn die Spieler dies machen, lies 2B und wenn sie das machen lies 2C“. Tolle Idee. Das Szenario selbst ist extrem simpel, was aber für Einsteiger ja auch sein muss, nur erfahrene Rollenspieler haben weniger davon. Alles zusammen ist es eine wunderbare kleine Box für mein derzeitiges Lieblingssystem, stabil, flach und so prall gefüllt, das wirklich keine Luft mehr darin ist. Für 24,95 ein echter Schnapper.

Mir wurde übrigens bestätigt, dass der Box-Inhalt (ohne Regelwerk) auf der RPC einzeln verkauft werden soll. Wenn das klappt, wird er wohl 5 Euro kosten. Schöne Sache. Malmsturm wird aller Wahrscheinlichkeit auch pünktlich erscheinen.

16 Uhr berichtete Frank Heller über cthuloide Neuerscheinungen. Bei dem kleinen Runde waren genauso viele Mitarbeiter wie Besucher da. Trotzdem war es sehr informativ. Dieses Jahr bringt viel Neuauflagen: Cthulhu Now, Deutschland (diesmal als Buch) und natürlich das Spielleiter-Handbuch. Für die letzten beiden haben Daniel und ich je ein Abenteuer geschrieben. Beide sind sehr unterschiedlich: ein klassisches Detektivabenteuer um einen Serienmörder in Arkham und ein Spiel mit viel persönlichem Drama, dem organisierten Verbrechen, einer Künstlerfamilie und viel Soap Opera. Beide sind sehr frei gehalten – selbst bei dem Detektivabenteuer wird sich niemand über Railroading beschweren können. Außerdem erscheint dieses Jahr noch Kingsport auf deutsch, und Heiko Gill berichtete ausführlich über den Mittelalterband über Kreuzzüge, der auch sehr interessant klingt. Nächstes Jahr wird es drei große Veröffentlichungen geben, die interessanteste davon ist wohl der lang geplante Geheimgesellschaftenband, in dem eine große okkulte Gesellschaft beschrieben wird, die als Hntergrund für viele Kampagnen genutzt werden kann. Das ist echtes Spielmaterial, auf das ich echt gespannt bin.

18 Uhr bot ich das Abenteuer „Devourers in the Mist“ für „Trail of Cthulhu“ an. Es ist eine Mensch-gegen-Natur-Geschichte auf einer einsamen Insel gepaart mit Mythos und las sich beim ersten  Überfliegen besser als beim genauen Durcharbeiten. So viele Lektoratsfehler habe ich schon lange nicht mehr gesehen: Es werden Briefe erwähnt, die aber nirgendwo auftauchen, die fertigen Charaktere haben häufig keine Zahlen neben ihren Fertigkeiten und ein wichtiger  Absatz endet mitten im Satz. Das Ende kommt außerdem sehr abrupt und ohne Zutun der Charaktere, was zwar für einen Con praktisch ist, aber insgesamt etwas unbefriedigend ist. Die Spieler dachten jedenfalls das plötzliche Ende wäre der Tatsache geschuldet, dass unsere Zeit ablief.

Mir hat das Abenteuer trotzdem großen Spaß gemacht. Es gibt eine Menge zu tun und die Fertigkeiten spielen eine große Rolle, sodass es auch gut als Einführung für „Trail of Cthulhu“ geeignet ist. Nur die Fertigkeit Outdoorsman hat einen zu zentralen Stand, aber das liegt nun einmal in der Natur des Genres.

Ich hatte sechs Spieler. Alle waren sehr lustige, aufgeschlossene Leute, die gern aktiv waren. Bei sechs Spielern ist es aber schwer, allen die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. Ich habe leider die eine oder andere Chance verpasst, ruhigere Spieler ins Geschehen einzubringen. Die Gruppe teilte sich außerdem häufiger und meist waren es die gleichen Leute, die den interessanteren Teil der Geschichte erlebten. Ich hoffe, es hat sich niemand gelangweilt, es standen aber zumindest alle ganz zufrieden auf, als wir uns zehn vor elf Richtung Table Quiz aufmachten.

Ich war u. a. mit zwei der Trail-Spieler in einer Gruppe und wir sind immerhin Dritte geworden. Die Fragen waren aber auch wieder besonders fies. (Nenne alle zehn Spiele, die in den 80er Jahren den Spiel-des-Jahres-Sonderpreis „Schönes Spiel“ bekommen haben. Ich hatte von keinem einzigen auch nur gehört.)

Dann noch ein wenig quatschen und anschließend nach Hause. Ich stieg kurz nach drei aus dem Auto und habe zum Abschluss meine Hspielt-Tasse vor die Haustür geworfen – schade drum, auch wenn nur etwas abgesplittert ist. Es hat wie immer Spaß gemacht, und ich habe wieder etwas mehr über „Trail of Cthulhu“ gelernt. Was will man mehr …

Vom Design von Detektivabenteuern

Moritz von der Seifenkiste bloggt in letzter Zeit häufiger über Dinge, die mich persönlich ansprechen. Neben einer grandiosen Tabelle über Wechselwirkungen zwischen magischen Tränken (vielleicht die beste Tabelle, der ich in letzten Jahren über den Weg gelaufen bin), schrieb er vor einiger Zeit auch etwas über Detektivabenteuer, das auch bereits anderweitig aufgegriffen und kommentiert wurde (wo, habe ich vergessen). Da ich sowieso irgendwann über Detektivabenteuer schreiben wollte, und ich das Design derselben für das Komplexeste überhaupt halte, möchte ich Moritz‘ Ausführungen etwas ausweiten.

(Kurzer Einschub: Moritz, guck noch mal in die Kommentare des „Autoren“-Posts. Ging nicht gegen dich.)

Zunächst mal hat er natürlich recht, in einem Detektivabenteuer muss eine Menge festgelegt werden, das in anderen Abenteuern improvisiert werden kann. All die vielen Details sind viel zu reichhaltig, komplex und subtil, um sie aus dem Stehgreif zu erfinden. Sie hängen viel zu sehr zusammen und beleuchten einen einzelnen Sachverhalt aus viel zu vielen Richtungen.

Der Spielleiter muss nämlich – wie es von Robin Laws in einem Artikel über GUMSHOE treffend ausgeführt wird – von zwei entgegengesetzten Seiten auf den gleichen Punkt zugehen: Er muss die Tat festlegen, wie sie geschah, was für ein Ziel sie hatte und was für Spuren sie hinterließ, und gleichzeitig beachten, wie die Spieler dies alles von der anderen Seite her verfolgen können. Er selbst designt von hinten nach vorn, muss aber beachten, wie das ganze von vorn nach hinten aussieht. Völlig unmöglich, das zu improvisieren.

Detektivabenteuer haben außerdem eine Schwierigkeit, die bei anderen Geschichten weniger auftaucht: Die Gefahr des Stillstands. (Bitte, bitte, kommt mir jetzt nicht mir Railroading. Wenn ihr den Fall nicht lösen wollt, lasst es einfach.) Scheitern die Charaktere in einem Detektivabenteuer, laufen sie einfach ins Leere und „kommen nicht weiter“. Die einzige Konsequenz ihres Scheiterns ist Langeweile.

Aber wie legt man eine Hinweisspur, die einerseits nicht zu verfehlen ist, andererseits aber nicht so offensichtlich, dass sie die Spieler langweilt? Das ist viel einfacher zu lösen, als es den Anschein hat, denn eine Spur kann gar nicht so offensichtlich sein, dass sie die Spieler langweilt. Stillstand ist schlimmer. Es gilt wie in allen Abenteuern, die Spieler zu beschäftigen, denn wer etwas zu tun hat, wird sich selten beschweren. Egal, wie klar alles zu sein scheint, die Spieler machen sich Gedanken, auf die der SL nie gekommen wäre.

Neben diversen kleinen Tricks wie Zeitleisten und ort- und zeitunabhängigen Ereignissen, gibt es zwei grobe Schemata, auf die ein Detektivabenteuerdesigner zurückgreifen kann.

1. Die GUMSHOE-Methode:

In jeder Szene gibt es einen „Core Clue“, der zur nächsten Szene führt und nicht verfehlt werden kann. Die Interpretation der Hinweise liefert den Spaß, und die Spieler kommen auf jeden Fall weiter.

Der Abenteueraufbau ist also:

Szene => Hinweis => Szene => Hinweis => Szene …

Diverse kleinere Hinweise führen zu Hintergrundinfos und ergeben zusammen ein detailliertes Gesamtbild, das aber nicht zwangsläufig nötig ist, um am Showdown des Abenteuers anzukommen.

2. Die Museumsmethode:

Wie in einem Museum gibt es große Räume mit „Exponaten“ (= Hinweisen), die in beliebiger Reihenfolge abgeschritten werden können. Hat man alle oder auch nur ein paar davon gesehen, weiß man, worum es in dem Raum geht und kann ihn durch seinen einzigen Ausgang verlassen – in den nächsten Raum mit Exponaten. Irgendwann kommt man zwangsläufig am Ausgang an.

Die Übergänge zwischen beiden Methoden sind fließend.

Beispiele für 1.:

Die GUMSHOE-Methode habe ich als Spieler sehr anschaulich in dem Abenteuer „The Kidnapping“ aus „Arkham Detective Tales“ für „Trail of Cthulhu“ erlebt (wobei die erste Szene durchaus einen Übergang zur Museumsmethode darstellt, da sie recht lang ist). Als Spielleiter habe ich „Under A Werewolf Moon“ aus „Shadows over Filmland“ ebenfalls für ToC geleitet. Es gibt bestimmt auch BRP-Cthulhu-Abenteuer, die dieser Methode folgen, aber das waren meine letzten Erlebnisse und sind mir deshalb besonders im Gedächtnis.

Beispiele für 2.:

Als Daniel und ich ein neues Abenteuer für die 3. Auflage des Cthulhu-Spielleiter-Handbuches entwarfen und die ganze Informationsfülle von Arkham zur Verfügung hatten, war schnell klar, dass wir ein Detektivabenteuer (Serienmördergeschichten verlangen fast zwangsläufig einen Detektivteil) mit einem einzigen Museumsraum schreiben würden. Der Aufhänger sollte die Spieler direkt ins Geschehen ziehen (eine Liste mit Namen, darauf sowohl die SC als auch  ein paar Mordopfer). Danach ergaben sich ganz von allein diverse Anlaufpunkte für Nachforschungen: Tatorte, Personen, Wohnorte, Studentenwohnheime, Bücher. Totale Handlungsfreiheit ergab sich ganz von allein, wir mussten dem SL nur noch ein paar Werkzeuge in die Hand geben, um die Handlung am Laufen zu halten, was wir u. a. mit einer Zeitleiste lösten. Außerdem versteckten wir eine metaphorische Bombe, die das ganze Museum in die Luft jagt, wenn sie nicht rechtzeitig gefunden wird.

Um ein bereits erschienenes Beispiel zu nennen: „Die Froschkönig-Fragmente“ ist ein perfektes Beispiel für die Museumsstruktur (und eines der besten Abenteuer, die ich kenne).

Wie Struktur das Spiel verbessert – Trail of Cthulhu

Seit ich das erste Mal etwas über das „Gumshoe“-System gelesen habe, möchte ich es ausprobieren, und nun, endlich, hatte ich Gelegenheit dazu. Auf dem Auf-den-Inseln-Con 2010 spielten wir ein einfaches Abenteuer mit „Trail of Cthulhu“ (Cthulhu-Rollenspiel auf Basis von „Gumshoe“) und ich war begeistert – begeistert genug, um hier darüber zu berichten und zu erklären, warum ich das System für gelungen halte.

Die erste Reaktion auf „Gumshoe“ oder „Trail of Cthulhu“ ist normalerweise Skepsis. „Das System repariert etwas, das nicht kaputt ist“, höre ich immer wieder, und wirklich scheint das System gar nicht nötig zu sein, wenn man als Spielleiter ein wenig Erfahrung an den Tisch bringt. Wie sich herausgestellt hat, verbessern diese „Reparaturen“ das Spiel aber erheblich.

Die Idee hinter dem System ist folgende: In Detektivabenteuern geschieht es immer wieder, dass die Charaktere nur dann eine Information erhalten, wenn ihnen eine passende Fertigkeitsprobe gelingt. Das ist das Grundprinzip fast aller Rollenspiele: Ist der Ausgang unklar, würfele. Robin Laws, der Autor des  „Gumshoe“-Systems, findet aber, dass das in diesem speziellen Fall blöd ist. Wenn eine Probe vergeigt wird, bekommen die Charaktere die Info nicht und das Spiel stoppt, oder der Spielleiter muss sich winden, um den Charakteren die Info doch noch irgendwie zukommen zu lassen. Mit seinem Gumshoe-System behebt er das Problem, indem er festlegt: Wer eine passende investigative Fertigkeit besitzt, bekommt auch die Info. Punkt. Kein Würfeln, keine Rückfragen. Die Spielfiguren haben zusätzlich Punkte in den Fertigkeiten, die sie einsetzen können, um tiefergehende Infos zu bekommen.

Prinzipiell hätte ich den Skeptikern vor dem Spieltest Recht gegeben. Ich spiele detektivische Abenteuer normalerweise mit dem Cthulhu-System, irgnoriere die Regeln aber weitestgehend. Gewürfelt wird im Kampf oder bei Verfolgungsjagden (auch im Gumshoe-System wird bei normalen, nicht-investigativen Fertigkeiten gewürfelt) und immer mal wieder eine Probe auf „Verborgenes erkennen“ oder „Bibliotheksnutzung“, einfach weil Spieler gern würfeln. Wenn es darauf ankommt, eine wichtige Info zu bekommen, lasse auch ich nicht würfeln. Irgendwie bekommen sie sie.

Bei unserem Testspiel stellte sich aber heraus, dass es ein ganz anderes Spielgefühl ist, wenn man die Fähigkeiten auf seinem Charakterbogen auch beim Detektivspiel versuchen muss, möglichst gewinnbringend einzusetzen. Es war schon cool, als ein Mitspieler beim Ausfragen des Kindermädchens irgendwann nicht weiter kam und klar wurde, dass eine „härtere Hand“ benötigt wird, und meine Figur mit der Fertigkeit „Verhören“ dann doch Ergebnisse erzielte. Glaubt es oder glaubt es nicht, aber der Kick eine Info schließlich bekommen zu haben, ist wirklich ein ganz anderer. Es kommt auf diese Weise ein kleines taktisches Element zur Hinweissuche, das mir ausgesprochen viel Spaß gemacht hat.

Doch damit hören Laws‘ Gedanken zum Detektivgenre nicht auf, auch den Aufbau von entsprechenden Abenteuern beleuchtet er. In jeder Szene gibt es einen, selten auch mal zwei oder drei „Core Clues“, Hinweise, die benötigt werden, um mit dem Abenteuer weiterzumachen – sprich, sie schicken die Charaktere zur nächsten Szene. Für die „Core Clues“ müssen die Charaktere niemals Punkte ausgeben. Daraus ergibt sich meist ein recht gradliniger Abenteueraufbau: Szene 1 => Core Clue schickt zu Szene 2 => Szene 2, etc.

Auch hierbei gibt es häufig Stirnrunzeln: Ist das nicht Railroading? Wird das nicht schnell langweilig? Nein! Beides nicht – und ich habe jetzt am eigenen Leib erfahren, dass diese Aufbau nicht nur funktioniert, sondern das Abenteuer erheblich bereichert. In einem Detektivabenteuer geht es darum, die Hinweise zu entschlüsseln, die Spieler folgen also freiwillig dieser Perlenschnur von Hinweisen (also kein Railroading) und durch die jeweils neuen Rätsel sollte es auch nicht so schnell langweilig werden.

Ich bin ein fauler Spieler. Wenn ich normalerweise mit Detektivabenteuern konfrontiert werde, verliere ich schnell die Lust, mir die ganzen Namen aufzuschreiben, die Hinweise zu notieren oder gar zwischen den Spielsitzungen zu merken. Normalerweise überlasse ich recht schnell den anderen Spieler das Ruder und schwimme mit dem Strom mit, greife nur die Hinweise auf, die offensichtlich sind und bringe mich lieber im Showdown ein. Der Aufbau von Gumshoe-Abenteuern sorgt einerseits dafür, dass die Abenteuer strukturell einfacher werden und andererseits, dass man als Spieler in jeder Szene weiß: Ich bekomme meinen Hinweis, wenn ich nur lang genug suche. Für mich war das eine Offenbarung. Ich bin viel begeisterter hinter Hinweisen hinterhergerannt, habe Leute ausgefragt und Räume untersucht.

Es gibt noch einen kleinen Clue bei Gumshoe: Die Scene-Karte. Haben die Spieler alle Hinweise in einer Szene erhalten und drohen sie sich in unwichtigen Details zu verrennen, hält der Spielleiter eine Karte in die Luft auf der steht: „Scene“. Die Karte kam bei uns diverse Male zum Einsatz, hielt das Spiel jederzeit am Laufen und verhinderte jede Form von Langeweile. Tolle Sache.

Das verhindert nicht 100%ig, dass die Gruppe stockt, wir haben beispielsweise einen der „Core Clues“ einfach vergessen und mussten vom SL auf ihn gestoßen werden, aber insgesamt lief es runder und übersichtlicher als praktisch jedes anderen Detektivabenteuer, das ich bisher spielte. „Trail of Cthulhu“ und „Gumshoe“ im Allgemeinen wurde spontan zu meinem favorisierten Detektivsystem. Ich konnte der Story problemlos folgen und ich hatte Spaß daran! Ich konnte mit Hilfe der Fähigkeiten meines Charakters Hinweise finden und das Finden selbst wurde zu einem taktischen Element, ohne dass es das Rollenspiel im Mindesten eingeschränkt hätte (ein weiterer Pseudo-Kritikpunkt an Gumshoe: Die Leser haben Angst, dass das Spiel zu einem Abarbeiten von Fertigkeiten verkommt – dem ist nicht so). Die Struktur hat das Spiel verbessert.

Mein Fazit nach dem Spieltest kann nur lauten: Ja, ein erfahrener Spielleiter benötigt die Hilfestellungen von „Trail of Cthulhu“, „Mutant City Blues“, „The Esoterrorists“ u. a. nicht, aber sie verbessern das Spiel. Ich könnte mit ihrer Hilfe zum Fan von Detektivabenteuern werden – etwas, das ich nie für möglich gehalten hätte.

Um es im Stil eines anderen auszudrücken: AUSPROBIEREN! AUSPROBIEREN! AUSPROBIEREN!

Rezension: The Armitage Files

[Abenteuer von Robin D. Laws; Pelgrane Press, Sprache: Englisch, Softcover/PDF, 150Seiten, £ 21.95/£ 10.95 ]

Wenn man cthuloide Detektivabenteuer improvisieren will, muss man entweder ein kreatives Genie mit einem Faible für das Genre sein oder wahnsinnig viel vorbereiten – oder man kauft „The Armitage Files“, das neue Kampagnenbuch für „Trail of Cthulhu“

Detektivische Cthulhuabenteuer leben von schrägen Charakteren, geheimnisvollen Organisationen, Furcht einflößenden Büchern und einer Handlung, die es den Spielern gestattet, das Geheimnis selbstständig aufzudecken. (Ich widerstehe dem Impuls zu schreiben: „… eine Handlung, die den Spielern am Ende des Falls eine erfrischendes Aha-Erlebnis beschert.“ Solche Aha-Erlebnisse werden zwar häufig angestrebt, finden in der Praxis aber fast nie statt und sie zu planen ist schier unmöglich.) Außerdem muss man den Spielern besonders zu Beginn den Grundstock für ein Rätsel präsentieren, das suggestiv ist und mehrere Möglichkeiten lässt.

Es gibt sicherlich Leute, die so etwas improvisieren können. Robin Laws, der Autor von „The Armitage Files“, könnte es vielleicht, ich könnte es jedenfalls nicht. Die Alternative ist, dass man einen Grundstock an den oben genannten Elementen vorbereitet – flexibel genug, um sie universell einzusetzen, aber mit ein paar interessanten Eigenheiten. Und man muss ein Geheimnis vorbereiten, ein Grundgerüst, das mehrere Geheimnisse suggeriert und verschiedene mögliche Anlaufpunkte für Ermittlungen liefert.

Genau das liefern die „Armitage Files“. Grundstock des Buches bilden mehrere mehrseitige Briefe in Prof. Armitages Handschrift, dem Leiter der berühmten Orne-Bibliothek in Arkham. Er kann sich allerdings nicht daran erinnern, sie verfasst zu haben. Der erste Brief ist in gekritzelter Handschrift, beschmiert mit Etwas, das wie Blut aussieht (schwarzweiß im Buch und farbig im PDF; Buchbesitzer können die farbigen Handouts kostenlos herunterladen), und berichtet vom Weltuntergang. Die Briefe enthalten viele verschiedene Ansätze für Nachforschungen und verbreiten generell eine hervorragend cthuloide Stimmung von drohendem Unheil.

Die ersten Seiten des Buches erklären, wie man es benutzt und erläutern verschiedene Tipps zum improvisierten Spielleiten. Außerdem enthält das Buch ein paar Beispiele, wie Nachforschungen ablaufen könnten.

Den Hauptteil des Bandes bilden Beschreibungen von Leuten, Büchern und Organisationen. Es werden meist mehrere Namen angegeben, damit der Spielleiter etwas Passendes heraussuchen kann und sogar mehrere Beschreibungen werden geliefert (jeweils für „gutartiges“, „bösartiges“ oder „neutrales“ Verhalten), sodass der Spielleiter nur auswählen muss. Sowohl die Gruppen als auch die Personen sind an Archetypen orientiert, können also jederzeit und überall eingesetzt werden, egal ob in den „Armitage Files“ oder anderswo.

Mit anderen Worten, der Leser bekommt ein ganzes Buch voll mit Ideen, die übersichtlich genug dargeboten werden, dass man sie spontan im Abenteuer einsetzen kann. Die Handlung ergibt sich aus dem, was die Spieler tun und der Art wie der Spielleiter dieses Tun interpretiert. Die Anzahl an Ideen ist schier schwindelerregend.

Mit „The Armitage Files“ zeigt Robin Laws wieder einmal, warum er weltweit einer der führenden Rollenspielautoren ist. Er liefert einen komplett andersartigen Ansatz für cthuloides Rollenspiel und gleichzeitig ein Quellenbuch, dass auch für andere Abenteuer benutzt werden kann. Er zeigt, dass das Cthulhu-Rollenspiel mehr ist als ein paar Hinweise, ein paar Tote und ein schleimiges Monster. „The Armitage Files“ ist ein faszinierendes Buch, das ich jedem ans Herz lege, der einmal über den cthuloiden Tellerrand schauen will.

Robin Laws erzählt über Trail of Cthulhu und andere Texte

Im Blog Stargazer’s World ist ein großartiges Interview mit Robin Laws, dem Erfinder des Gumshoe-Detektiv-Regelwerks, Esoterrorists, Mutant City Blues und Co-Autor des Dungeon Masters Guide II für D&D 4E. Ganz besonders „gehaltvoll“ sind seine Erklärungen über das Gumshoe-System (und damit zum Beispiel Trail of Cthulhu) und die Einsichten, die er über den Rollenspielmarkt durchblicken lässt. Ein wirklich tolles Interview, dass man meiner Meinung nach gelesen haben sollte.

Cthuloide Neuheiten

Ich habe gerade ein gut gefülltes Päckchen mit cthuloidem Zeugs ausgepackt, was mich in meiner spontanen Begeisterung dazu veranlasst, ein wenig über cthuloide Neuigkeiten, Ankündigungen und eine alte Sache zu schreiben.

tour-de-lovecraftSchon eine ganze Weile erhältlich ist „Tour de Lovecraft“, worüber ich auch schon berichtet habe. Ken Hite hat aus einer Serie von Blogposts ein Buch gemacht. Im Zuge seiner Vorbereitungen für „Trail of Cthulhu“ las Hite ein weiteres Mal alle Lovecraft-Geschichten und kommentierte sie in seinem Blog. Die entstandene Artikelsammlung ist noch immer in seinem Livejournal zu bewundern (Link in meinem alten Artikel). Es ist ein großartiger Beitrag zum „Lovecraft Criticism“, den man online, ausgedruckt oder leicht erweitert eben in Buchform bekommen kann.

Dass ich mir „Cthulhu 101“ gekauft habe, ist meiner Sammelwut cthulhu101zuzuschreiben, denn ich ging davon aus, dass diese kleine, niedliche Einführung in den Mythos mit den diversen Listen, wahrscheinlich nicht allzu viele Überraschungen für mich bereithält. Es stellte sich aber schon beim ersten Durchblättern heraus, dass es eine sehr humorvolle Einführung ist und Listen wie „10 Things Lovecraft Did Not Like“, „9 Suprising Encouters With The Cthulhu Mythos“ oder „7 Books To Read“, aber auch Erklärungen wie „What ist the Necronomicon?“ wesentlich interessanter sind, als ich dachte. Relativ günstig ist das Buch auch und bei einem Autoren wie Ken Hite (mal wieder) ist ohnehin nur Gutes zu erwarten. Wie wäre es zum Beispiel mit „14 Wrong Ways To Spell ‚Cthulhu'“?

arkham-detective-talesDer Name des Buches „Arkham Detective Tales“ für das Rollenspiel „Trail of Cthulhu“ ist irreführend, denn die vier Abenteuer spielen augenscheinlich alle in New York City. Im Gegensatz zum großartigen „Stunning Eldritch Tales“ enthält der Abenteuerband vier Abenteuer im „purist“-Stil, also weniger Pulp und mehr hirnerweichendes Grauen. Dass die New Yorker Polizei nicht völlig blind gegenüber den seltsamen Ereignissen ist, die teilweise in NYC geschehen, ist ein schöner Kontrast zum üblichen: „Oh mein Gott, hiervon darf niemals jemand etwas erfahren!“. Ich bin schon sehr gespannt.

Die zweite Neuheit für „Trail of Cthulhu“ ist „Rough Magicks“ von Ken Hite, rough-magicksein dünnes Heft mit großartigem Cover, dass sich, wie der Name schon andeutet, mit lovecraftscher Magie beschäftigt. Es gibt mehrere widersprüchliche Erklärungen, was Cthulhu-Magie ist, neue Regeln, neue Zauber und Hinweise, wie man Mythos-Magie ins Detektivspiel einbaut und Charaktere entsprechende Hinweise deuten können. Ich will schon lange mal ein Abenteuer schreiben, in dem ein Zauberspruch mehr ist als ein Werkzeug des Bösewichts und hoffe, dass mir der Band dabei helfen kann.

Wahrlich nicht neu, ja noch nicht einmal mehr über den normalen Buchhandel zu bekommen ist der Roman „Abwärts“ von Nick Mamata. Ein Schriftsteller der 60er Jahre sieht R’lyeh aufsteigen und bereist daraufhin mit seinen Kumpels (unter anderem William S. Burroughs) Amerika, um dem Cthulhukult entgegenzutreten. Rock’nRoll, Drogen und Cthulhu. Über eine Amazonkritik zum Roman stieß ich außerdem auf „Kult“ von Ljubko Deresch, ein weiteres Mythoswerk, das ich mir wahrscheinlich irgendwann einmal zulege.

Auch recht neu ist das Abenteuer „After Lovecraft: The Cold Case of Rob Suydam“. Bisher ist es nur als PDF-Datei erhältlich. Es ist kleinformatig (ich tippe auf amerik. Comic-Größe oder ca. DIN A5), hat 78 Seiten und ist das vierte Abenteuer von Super Genius Games und das erste in einer neuen Reihe. „After Lovecraft“ heißt die Reihe, weil die Abenteuer nach einer Geschichte von HPL spielen und diese Geschichte sogar als Handout verwendet werden soll. „The Cold Case“ spielt nach der Story „Das Grauen von Red Hook“. Die Idee finde ich interessant, aber ich bin skeptisch, was der Fortsetzungsgedanke am Spieltisch bringen soll. Das könnte daran liegen, dass keine meiner Gruppen je Leute enthielt, die große Kenner von Lovecrafts Literatur waren und deshalb dem Aufgreifen von Themen, Orten und Personen nur wenig abgewinnen könnten, aber selbst wenn ich den Wiedererkennungswert einbeziehe, kann ich nur wenig Mehrwert für das Spiel entdecken. Ich grübele noch, ob ich mir das Abenteuer kaufe oder nicht.

Noch nicht erschienen, aber der Ankündigung nach höchst interessant ist „The Armitage Files“ wieder einmal für „Trail of Cthulhu“. Ein paar hübsch gestaltete Handouts mit Tagebucheinträgen des berühmten Professors der Miskatonic University schicken die Charaktere auf eine längere Kampagne. Die Geschichte soll Improvisation ins Detektivrollenspiel bringen und wird gerade spielgetestet. Eine faszinierende Idee von Autor Robin Laws.

Und wenn ich schon dabei bin, will ich auch noch kurz über die neuen Ctulhu-Veröffentlichungen aus dem Hause Pegasus berichten. Die Abenteuersammlung „Grauen in Arkham“, die den Quellenband „Arkham“ begleiten soll, ist zwar für September angekündigt gewesen, aber bisher noch nicht erschienen. Ich vermute, dass wir bis zur Messe warten müssen. Acht Abenteuer in „Lovecraft Country“ – man darf gespannt sein.

Wenn das „Grauen“ erst zur Messe kommt und alle anderen Ankündigungen wirklich erscheinen, wird es eine wahrhaft cthuloide Messe, denn noch drei weitere Bücher sollen dort die Regalböden durchbiegen. „Cthulhu Mittelalter“ wurde völlig neu geschrieben und hat nichts mehr mit dem alten Band „Cthulhu 1000 AD“ zu tun. Das gesamte Mittelalter wird behandelt (nicht nur das Jahr 1000); das Buch ist dick und ein Hardcover. Ich weiß nicht, ob ich Cthulhu im Mittelalter wirklich toll finde, besonders weil ich davon ausgehe, dass das Buch eher ein Geschichtsbuch als ein Rollenspielprodukt werden wird, aber die Cthulhu-Redaktion hat mich schon häufig überrascht und kaufen werde ich es mir natürlich so oder so.

Dritter dicker Band wird „Nocturnum – Lange Schatten“, der erste von drei Teilen einer langen Cthulhu-Now-Kampagne von der Cthulhu-Chefredakteur Frank Heller schwärmt, seit er sie das erste Mal auf englisch las. Ich mag „Cthulhu Now“ und da am Verkauf dieser Kampagne festgemacht wird, ob die Reihe weiterverfolgt wird oder nicht, werde ich mir auch dieses Buch natürlich zulegen. (Als ob ich dafür eine Ausrede bräuchte …)

Als letztes wäre da noch die neuste Ausgabe der „Cthuloiden Welten“, die man auch nicht vergessen darf.

Insgesamt versprechen es wirklich sehr cthuloide Wochen für mich zu werden.

Stunning Eldritch Tales

[Trail of Cthulhu, Abenteuersammlung von Robin D. Laws, Pelgrane Press, Sprache: Englisch, Softcover, 82 Seiten, $ 17,95]

Mit „Stunning Eldritch Tales“ präsentiert Pelgrane Press die erste Abenteuersammlung  für „Trail of Cthulhu“. Das mit 82 Seiten recht dünne Heft enthält vier komplette Abenteuer. In den folgenden Zeilen werde ich erklären, wieso die Sammlung auch für Cthulhuspieler zu empfehlen ist, die eigentlich das klassische BRP-System bevorzugen.

Doch zuerst die Grundlagen: Das Heft ist schwarzweiß im gleichen hervorragenden Layout wie „Trail of Cthulhu“. Auch die Zeichnungen sind genauso stimmungsvoll wie die des Grundbuchs. Das Cover lässt mich zwar kalt, passt aber hervorragend zur Prämisse des Bandes, vier „heart pounding Pulp Adventures“ zu liefern. Einziges Manko ist die Tatsache, dass es per Digitaldruck erstellt wurde und die Buchqualität dementsprechend verbesserungswürdig (aber akzeptabel) ist.

Alle vier Abenteuer sollen im Pulp-Modus gespielt werden (in „Trail“ wird zwischen „Pulp“ und „Purist“ unterschieden und je nach Spielmodus ein paar Regeln unterschiedlich gehandhabt). Laws zeigt bei allen vieren – mit einer möglichen Ausnahme -, dass Pulp und Cthulhu nicht nur kompatibel sondern praktisch nicht voneinander trennbar sind. Lies den Rest dieses Beitrags