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Rollenspieltheorie, Spielhilfen, Spieltipps

[Rezi] How to Game Master Like a Fucking Boss

How to Game Master like a Boss cover[von Venger Satanis, Quellenbuch, Sprache: Englisch, PDF, ca. 124 Seiten]

Was erwartet man von einem Buch, dessen Titel verspricht, ein besserer (oder zumindest besonderer) Spielleiter zu werden? Nun, ich weiß zumindest, was ich erwarte: eine Meinung – eine Meinung, die auf Analyse und Beobachtung aufgebaut ist.

Wer meine anderen Rezis verfolgt hat oder das eine oder andere Buch von Venger As’Nas Satanis besitzt, den dürfte ein Buch mit solch einem Titel wenig überraschen. Venger hat immer Wert darauf gelegt, keine Kompromisse zu machen. Er mag es verrückt und extrem, und gegen schlechten Geschmack hat er auch nichts einzuwenden. Seine Bücher zeigen, dass er ein begeisterter Spielleiter ist und etwas von dem versteht, das er tut. Hier erwarte ich also nicht nur eine analytische, sondern vor allem eine unterhaltsame Meinung – und genau die bekomme ich auch.

Die ersten 50 Seiten enthalten eine Sammlung gemischter Spielleitertipps. Es könnten Blogposts sein und waren es vielleicht zu ihrer Zeit auch mal. Kurze Absätze erklären spezielle Aufgaben des Spielleiters, äußern sich zu Improvisation oder erklären den Umgang mit Stress. Oder es geht um das Schreiben von Abenteuern oder wie hilfreich ein Fließdiagramm ist. Es sind kleine, sehr spezielle Tipps, die sich an Spielleiter richten, die prinzipiell bereits wissen, was sie tun und ihr Spiel noch ein wenig verbessern wollen. Venger beobachtet genau. Es geht ihm nicht nur darum, wie man als Spielleiter gut wird, sondern wie man der „Boss“ wird: der Spielleiter, der seine Spieler immer wieder beeindruckt. Auch vor extremen Ansichten scheut Venger nicht zurück, doch immer (naja, fast immer) wenn man denkt, dass er über’s Ziel hinausschießt, kehrt er schnell zu einer differenzierten Meinung zurück. Er ist zum Beispiel der Meinung, ein Spielleiter sollte einen passenden Satz Würfel benutzen, nicht einfach ein paar Plastikdinger, die er durch Griff in seinen Würfelbeutel zufällig ausgewählt hat. Man mag über diesen Tipp lächeln, doch die Idee dahinter, ergibt absolut Sinn. So etwas hat einen kleinen, aber spürbaren Effekt auf die  Wahrnehmung und das Selbstbild des Spielleiters – und etwas, über das man ruhig ein paar Sekunden nachdenken kann, egal ob man nun der gleichen oder einer anderen Meinung ist. Nicht alle Tipps, sind so. Es gibt auch viele „normale“ Tipps. Immer wieder bin ich auf Kleinigkeiten gestoßen, bei denen ich dachte: „Stimmt, da habe ich noch nie drüber nachgedacht.“ Der Text ist unterhaltsam, nicht zuletzt durch die teilweise ungewöhnliche Sichtweise Vergers.

Der zweite Teil des Buches ist eine Liste von Dingen, die man in Fantasy-Kampagnen einbauen soll. Immerhin 20 Seiten werden mit diesen Dingen gefüllt. Man findet Erwartetes wie „Krieg“ oder „Religion“, aber auch Unerwartetes wie „Gothic“ oder „Girly Stuff“. Da immer erklärt wird, was genau gemeint ist und warum es sinnvoll erscheint, dieses Thema ins Spiel einzubauen, ist die Liste eine tolle Inspiriationsquelle. Man soll, so sagt das Buch, wenigstens einmal in medias res ins Abenteuer gehen, vielleicht mitten in einen Kampf. Oder man soll einen Vulkan einbauen. Oder „Alien Technology“. Auch wenn sich die Liste an Old-School-Kampagnen richtet, bereichern die Punkte fast jede andere Fantasy-Kampagne. Da ich eine Liste dieser Art noch nirgendwo anders gelesen habe, fand ich sie wieder sehr unterhaltsam.

Die letzten 40 Seiten sind mit Tabellen und gemischten Auflistungen gefüllt. Wer hier die Standardlisten wie Namen oder Zufallsbegegnungen erwartet, wird ein weiteres Mal überrascht. Eine Tabelle listet Zitate auf, die von intelligenten NSCs ausgesprochen werden könnten. Eine weitere kann genutzt werden, um alberne Gnomenhüte zu erwürfeln. Monster, mutierte magische Gegenstände, Hintergrunddetails für SCs, … Da ist nichts, was man standardmäßig braucht, aber vieles, was einen inspirieren kann. Am Ende gibt es ein Glossar einer magischen Sprache, die Venger einst erfand – eine gute Sache, wenn man abgefahrene Worte braucht. Im englischen Sprachraum ist die Sprache aber sicherlich besser als im deutschen. Ganz am Ende befinden sich drei leere Dungeonkarten für die Zeiten, in denen der SL schnell so etwas benötigt.

Das Cover des Buches gefällt mir sehr gut – es macht jedenfalls etwas her. Die Innenzeichnungen sind von gemischtem Stil, gehen aber alle in eine old-schoolige Richtung. Wenig überraschend in Anbetracht des Herausgebers findet man auch extreme Gewalt und das eine oder andere Geschlechtsteil in den Abbildungen – aber nichts Schockierendes. Hinter dem Text ist ein Wasserzeichen. Es ist eine abstrakte Figur, nicht unähnlich einem krakeligen Tribal. Obwohl ich Bilder hinter dem Text eigentlich verabscheue, hat es mich hier zumindest nicht gestört. Es gibt nur eine Überschriften-Ebene, was mich an ein bis zwei Stellen etwas verwirrte, als mir die Ordnung des Textes nicht ganz klar wurde.

Dieses Spielleiter-Tipp-Buch ist alles, nur nicht gewöhnlich. Auf 124 Seiten findet man viel, über das man nachdenken oder lächeln kann. Mancher findet bestimmt auch Punkte, über die er sich aufregt. Mir hat es vielleicht gerade deshalb viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen. Wie jedes Spielleiterbuch bietet es wahrscheinlich nur zwei oder drei Details, die andere Spielleiter am Ende beherzigen, aber wenn der Rest unterhält, kann ich daran nichts Schlimmes finden.

Glückskauf: Würfelbrett und massenweise Spielfiguren für billig

schachspiel

Auf irgendeinem amerikanischen Rollenspielblog (habe leider vergessen auf welchem) habe ich folgenden Tipp gelesen: Schachfiguren als Minis. Toll. Warum bin ich da selbst noch nicht drauf gekommen? Mit einem Billig-Schachspiel hat man sofort 32 Figuren, 12 davon unterschiedlich. Das ist stylisch und flexibel. Der Springer als Monster oder Ritter, der Läufer als Kleriker (weil „Bishop“), der Turm ist der „Tank“ in der Gruppe. Die SC sind weiß, böse Monster schwarz.

Also bin ich losgezogen und habe im Einkaufszentrum um die Ecke nach einem billigen Schachspiel gesucht und nach ein wenig Rumgelaufe eine kleine Spielesammlung für knapp 8 Euro entdeckt. Ich freue mich immer noch darüber. Mit den Backgammonsteinen habe ich entweder mehr Dinger, die als Figuren einsetzbar sind oder Chips, die als Fatepunkte o.ä. herhalten können. Auf der Rückseite des Schachbretts ist ein Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Feld. Die Pöppel dafür können bestimmt auch irgendwann gewinnbringend eingesetzt werden. Das schwarze Zeug, auf dem die Pöppel liegen, ist übrigens Moosgummi, mit dem ich die Holzbox auslege, um darin zu würfeln. So ist das Würfelbrett inclusive.

Die Box ist schon mehrfach zum Einsatz gekommen, nur die Figuren noch nicht. Ich bezweifle aber, dass ich in nächster Zeit eine Con ohne die kleine Box ansteuern werde.

Wenn Spielstile kollidieren

Ein Test.

Stelle dir folgende Situation vor:

Die Gruppe hat den Spieltest eines Abenteuers abgeschlossen, das später veröffentlicht werden soll. In dem Abenteuer kamen Kobolde vor, die den Zauber „Gehorche!“ werfen konnten, der einen Gegner für ein paar Runden dazu zwingt, den Befehlen des Kobolds zu gehorchen. Der Spielleiter fragt nach Manöverkritik.

Spieler 1: Der Kampf mit den Kobolden war krass. Mannomann, das war knapp

Spieler 2: Stimmt schon, die Kobolde waren ganz nett. Zukünftige Spielleiter müssen da aber ganz schön aufpassen, dass sie die Gruppe nicht gefährden. Es kann ja passieren, dass ein sehr kampfstarker Spielercharakter unter Kontrolle des Zaubers gerät.

Jetzt der Test: Findest du, dass in dieser Situationsbeschreibung ein Fehler ist? Frage Leute, mit denen du ein Spiel beginnen willst, ob sie einen Fehler finden. Wenn ihr zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt, ist euer Spielstil in einer wichtigen Grundlage verschieden.

(Habe ich selbst so erlebt. Das Abenteuer erscheint demnächst im CD-Booklet der Dungeonslayers-CD „Klangwerk“.)

Warum tue ich das eigentlich?

Charaktermotivation ist ein Schlagwort, das aus Rollenspieldiskussionen kaum wegzudenken ist – speziell in Horrorspielen. Im Zuge von „Immersion“ und allgemeinen Gedanken über „Story“, Erzähltechniken und natürlich Grusel kommt diese Frage zwangsläufig irgendwann auf. Warum macht meine Figur das? Der Typ ist Grundschullehrer! Warum sollte er seine Gesundheit riskieren, um einen Mord aufzuklären oder in den dunklen Keller gehen, obwohl er weiß, dass dort etwas Gefährliches auf ihn wartet? Das ist Sache der Polizei, oder? Auch in anderen Genres kann das ein Problem sein. Ein Vampir, der stark in die Politik einer World-of-Darkness-Stadt eingebunden ist, hat meist andere Sorgen als den Plot-Hook, den der Spielleiter gerade präsentiert.

Es werden einige Klimmzüge unternommen, um das Problem zu beheben. Um beim vordringlichsten Beispiel des Horrorspiels zu bleiben, gibt es den entfernten Verwandten, der etwas vererbt oder getötet wird oder verschwindet. Es gibt zufällige Treffen, die zu einem Zusammenschluss von Gruppen führen oder Dinge, die in der Nachbarschaft einer der Spielerfiguren stattfinden. Möglichkeiten gibt es viele: Träume, Drohbriefe, Doppelgänger, Intrigen, Zufälle usw. Doch irgendwann scheint es unglaubwürdig zu werden. Wie häufig soll eine einzelne Person solche Zufälle denn erleben? Und wieso kontaktiert sie dann diese komischen Leute aus dem ersten Abenteuer, um mit ihnen gemeinsam der Sache nachzugehen? Ich sage: „Es scheint unglaubwürdig zu werden.“ Dazu später mehr.

Einige Rollenspielpublikationen bieten Lösungen an. Das Cthulhu-Buch „Die Janus-Gesellschaft“ beschreibt eine Jahrhunderte alte Gesellschaft, die sich mit der Aufklärung rätselhafter Phänomene beschäftigt. Ihren Mitgliedern reicht Motivation, ein Rätsel lösen zu wollen. In „Supernatural“ sind die Spielerfiguren Jäger, in „Delta Green“ sind sie Agenten. In „Trail of Cthulhu“ gibt es den „Drive“, einen bei Charaktererschaffung festgelegten und in den Regeln verankerten Grund, aus dem die Spielerfigur immer wieder Geheimnissen nachgeht, die lieber ungelöst bleiben sollten.

All das sind gute Möglichkeiten. Andere Rollenspiele oder -kampagnen bieten keine solche Lösungen. Man nehme lange Cthulhu-Kampagnen wie „In Nyarlathoteps Schatten“ oder „Die Bestie“, in der immer wieder Charaktere ersetzt werden müssen. Jedesmal wenn sich ein Page/Kellner/Arzt. spontan der Gruppe anschließt, um die Lücke zu füllen, muss ein neuer Grund dafür gefunden werden.

Ich behaupte, dass dieses „Problem“ ist keines, oder sollte zumindest keines sein. Ich möchte jeden Spieler auffordern, es bei der Charaktererschaffung zu bedenken und es gar nicht erst zu einem Problem werden zu lassen. Ihr seid doch kreative Rollenspieler, also denkt euch was aus. Und wenn sich ein Grund immer wieder wiederholt? Na und? Dutzende von Serien beweisen, dass den Hauptfiguren von Geschichten jede Woche wieder Absonderlichkeiten zustoßen können und niemanden schert diese angebliche Unglaubwürdigkeit. Stellt euch einfach vor, die erlebte Geschichte handelt von Leuten, denen so etwas eben zustößt, und diese Leute seid zufällig ihr. Geschichten von Normalos sind langweilig, also wird hier eben eine Geschichte von Leuten erzählt, die das unglaubliche Pech (oder Glück) haben, immer wieder aufs Neue in ungewöhnliche Situationen zu stolpern. Ein Spieler, der jedesmal erst ihren inneren Schauspieler befragen muss, ob seine Figur motiviert ist, ein Abenteuer zu erleben, kann ganz schön nervig sein. Sei nicht dieser Spieler! Gib deinem Charakter einen Grund, um auf Abenteuer auszuziehen, Gefahren zu bestehen und Weltretter zu werden. Gib ihm einen Grund in den dunklen Keller zu gehen, damit die unseligen Diskussionen über Charaktermotivation ein für alle Mal der Vergangenheit angehören.

Slay! 2 – Futter für urbane Abenteuer

slay02 Das Fandom von Dungeonslayers hat wieder einmal etwas Hervorragendes geliefert: Die zweite Ausgabe der Fan-Zeitschrift Slay! ist erschienen. Auch wenn die Verquickung mit dem DS-Regelwerk recht stark ist, finden auch andere Fantasyfans Interessantes in den hervorragend gelayouteten Seiten. Das Thema ist „Stadt“ und so gibt es Stadtbegegnungen, ein Abenteuer in Abwasserkanälen, Spannendes über Ratten uvm. Zusammen mit den Kurzregeln First Slay (unten auf der Seite) oder gar dem kostenlosen Gesamtregelwerk (oben auf der Seite) wird die Zeitschrift sogar noch besser.

SL-Schirm selbst bauen – Variante „Klemmmappe“

Klemmbrettmappen stellen eine gute Alternative zu Ringbuchordnern dar, wenn man sich einen flexiblen SL-Schirm selbst bauen will. Sie sind dünner, leichter zu bekommen und genauso flexibel. Das ist jedenfalls die Variante, die ich am ehesten nutzen werde.

Leider gibt es meines Wissens keine Präsentations-Klemmmappen, d. h. die Außenseite kann man nicht so schön flexibel gestalten wie mit entsprechenden Ringbuchordnern. Also entweder eine hübsche Farbe aussuchen oder die Außenseite irgendwie bekleben. Natürlich könnte man auch auf die halbtransparenten Klemmbrettmappen zurückgreifen, die ich im Beispiel benutze.

1. Zwei Klemmbrettmappen besorgen. Meist sind die Dinger dunkelblau oder schwarz. Auf der linken Seite ist eine transparente Einstecktasche, die man auf dem Foto leider nicht erkennt. (klick zum Vergrößern)

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2. Mit vier Foldbackklammern baut man wie bisher zwei Mappen zusammen. Eine fünfte Klammer kommt oben an das linke Paneel des Schirms.

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3. Unten sieht man den Schirm bestückt. Ich habe das hineingehängt, das ich gerade da hatte: Links ist ein Dungeonslayers-Charakterbogen. Das andere sind die beiden Hälften der klassischen Karte der freien Lande.

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So sieht er zusammengeklappt aus.

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Flexiblen SL-Sichtschutz selbst bauen

Wie schon der CD-Sichtschutz ist auch dieser hier nicht meine Idee. Die Methode ist aber super, und ich wollte das unbedingt ausprobieren. Bilder des Ergebnisses sind weiter unten.

Hier ist das Youtube-Video mit der anschaulichen Bauanleitung, auf die ich mich hier beziehe.

Man nehme: 7 Fold-Back-Klammern (die Standardgröße, die es in jeder Büroabteilung gibt), ein paar Klarsichthüllen und zwei Ringbücher. Letztere sollten so dünn wie möglich sein, möglichst 4 Ringe haben und die Ringe sollten am besten auf der Innenseite des Ordnerrückens angebracht sein, nicht wie üblich seitlich. Letzteres geht zur Not aber auch.

Es war gar nicht so einfach passende Ordner zu finden. Amazon hat mir geholfen und ich fand zwei weiße Ordner mit 4 cm Dicke – fast etwas dick, aber es geht. Sie haben als Bonus die „Kreacover“, die auch im Video gezeigt werden, sprich man kann auf der Außenseite der Ordner Blätter einschieben, um sie zu individualisieren.

Dann lege man die Vorderseite des einen Ordners auf die Rückseite des anderen und befestige die beiden Pappdeckel mit vier Fold-Back-Klammern aneinander. Das ist recht stabil und man kann die Ordner jetzt hinstellen wie einen 3-Paneele-Sichtschutz. Jetzt noch die drei übrigen Klammern anbringen: links und rechts außen und genau in der Mitte.

Eingeheftete gefüllte Klarsichthüllen können mit den Griffen der drei letzten Klammern fixiert werden.

Falls nicht so recht klar ist, was ich meine, hilft das Video weiter.

Fertig ist der flexibelste Sichtschutz der Weltgeschichte :-)

Und so sieht er aus (klick zum Vergrößern):

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Das ist der Schirm von außen. Die Bilder sind vom GM Screen des neu erschienenen „Deadlands Noir“ (gedruckte Bücher auch demnächst verfügbar). Allein die Außenbilder des Schirms sind die 3,99 $ für das PDF wert.

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Die Tabellen sind für Dungeonslayers.

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Hier nochmal von oben. So sieht man, wie die beiden Ordner aufeinandergelegt wurden.

Spieltest Cthulhu-Abenteuer „Bilderwahn“ – ein Drama ohne Drama

Ich habe das Abenteuer „Bilderwahn“ für das Cthulhu-Deutschlandbuch zwar mit viel Freude schrieben (zusammen mit Daniel), bin bis letztes Wochenende aber nie dazu gekommen, es einmal zu spielen. Irgendeinen Grund gab es immer. Das war nicht schlimm, weil Daniel damals einen erfolgreichen Spieltest durchführte, ich musste also nicht zwangsläufig ran. Geärgert hat es mich trotzdem, denn ich mag das Abenteuer. Es liefert, was ich zurzeit an Cthulhu-Abenteuern mag: starke, aktive NSCs, persönliches Drama und eine, wie ich finde, gut eingebundene Mythosgefahr.

Letztes Wochenende auf einem kleinen privaten Con ergab sich endlich eine Gelegenheit es auszuprobieren. Eigentlich ist das Abenteuer für mehrere Spielabende ausgelegt, was es nicht gut geeignet macht für Cons. Wir setzten Samstag von 13 Uhr bis 21 Uhr als Spielzeit an in der Hoffnung, dass das reicht. Es hat gereicht, sogar locker.

Ich versuche Spoiler zu vermeiden. Das Abenteuer startet in einer Gruppentherapie im Jahr 1928 irgendwo in Deutschland bei einem Psychologen names Dr. Marwede. Die Charaktere müssen sich nicht kennen. 1928 gibt es das Konzept der Gruppentherapie eigentlich noch nicht, aber  Marwede wollte trotzdem alle Patienten in einem Raum haben. Alle leiden unter Alpträumen und Stresssymptomen. Die Träume scheinen nicht nur zusammenzuhängen, sondern weisen auch noch eine andere Besonderheit auf (die ich nicht verraten will, auch wenn sie für Kenner sicher keine große Überraschung wird). Sie berichten sich gegenseitig ihren wichtigsten Traum und können diese vergleichen. Anschließend beendet Marwede die Behandlung für alle und schickt sie auf Nachforschungen. Sie geraten daraufhin in einen kleinen Hexenkessel mit einem Künstler, seiner Tochter, einem Verbrecherbaron, seinem Sohn und seiner Wahrsagerin. Die fünf NSCs sind sehr aktiv und problembeladen und ihre Handlungen halten die Geschichte am Laufen.

Die Vorbereitung rief mir ins Gedächtnis, dass „Bilderwahn“ definitiv kein Abenteuer für Anfänger ist. Die Ansprüche an den SL sind durchaus hoch: Er muss die fünf NSCs, drei parallel laufende und sich überlappende Handlungsstränge unter Kontrolle halten und gleichzeitig den Informationsfluss managen. Wir haben uns alle Mühe gegeben, die Infos so zu aufzubereiten, dass sie verständlich und übersichtlich sind. Die Handlungsstränge sind weder lang noch  kompliziert, dennoch muss der SL schon eine ganze Menge im Kopf haben.

Das Spiel lief von der ersten Sekunde an hervorragend. Ich hatte eine erfahrene Gruppe von Spielern am Tisch, die sofort in die Situation einstiegen. Sie lasen nach dem ersten Vortrag ihrer Träume diese gleich noch einmal vor, um sie besser vergleichen zu können. Ich bin in der Zeit auf der Toilette gewesen und als ich wieder kam waren sie immer noch fleißig dabei, die Träume zu analysieren. Toll.

Dann stiegen sie routiniert in die Nachforschungen ein, wesentlich effektiver und routinierter, als ich erwartet hatte. Da wir es ja etwas eilig hatte, war ich großzügig mit Informationen. Wie sich herausstellte, war das genau das Richtige. Sie reimten sich die Hintergründe der Geschichte mit einer Effizienz und Geschwindigkeit zusammen, dass ich nur beeindruckt sein konnte. Auch weniger offensichtliche Zusammenhänge wurden sehr schnell durchschaut und immer die richtigen Schlüsse gezogen. Sie waren so schnell, dass sie bis zu dem Teil, wo ich eigentlich die Dramen und Handlungsstränge einführen wollte, fast schon fertig waren. Das Showdown fand in der Szene statt, die eigentlich als Ende des ersten Aktes und nicht des gesamten Abenteuers gedacht war. Und die ganze Zeit wurde gerätselt, kombiniert und rollengespielt.

Für mich war der Verlauf eine große Überraschung und noch eine größere Freude. Bei Daniel und mir liefen die Spiele sehr unterschiedlich, haben aber beide Male funktioniert. Genau diese Flexibiltät wollten wir erreichen. Eine Gruppe, die mit weniger Nachforschungen zu dem Künstler geht, erlebt ein völlig anderes Szenario. Ich hatte großen Spaß und ich glaube die Spieler auch.

Masks of Nyarlathotep Companion – 572 Seiten kostenloses Material

Auf Yog-Sothoth.com entstand ein gigantisches Werk mit Zusatzmaterialien für eine der wichtigsten Rollenspiel-Kampagnen aller Zeiten. Masks of Nyarlathotep – bzw. In Nyarlathoteps Schatten – ist wirklich legendär. Die weltumspannende Cthulhu-Kampagne hat im Laufe der Zeit vielleicht mehr Charaktere verschlissen als jede andere und gilt auch heute noch für viele als der Gold-Standard für Kampagnen. Die deutsche Box enthält viel zusätzliches Material, doch wer nicht das Glück hat, sie zu besitzen oder einfach noch mehr Material haben möchte, kann sich das PDF des englischen Companios herunterladen. Das Inhaltsverzeichnis ist äußerst vielversprechend, und ich freue mich schon auf eine ausführliche Lektüre.

750 Seiten kostenlose Spielleitertipps

In den letzten Wochen sind insgesamt drei Bücher aufgetaucht, die sich mit dem „Wie“ des Spielleitens beschäftigen. Über „Gamemastering“ wurde schon viel geschrieben. Ein weiteres richtet sich komplett an Neulinge. Zusammen sind das fast 750 Seiten mit kostenlosen Spielleitertipps.