Warum selbst schlechte Eigenkreationen gut sind

Der aktuelle Blog-Karneval fragt nach selbstgeschriebenen Rollenspielen.

Die meisten Rollenspieler sind kreative Menschen, die gern reden. Und wenn sie es nicht sind, wird es ihnen anerzogen: Jedes Rollenspiel ist voll von Tipps, wie man sich Dinge ausdenkt, egal ob Charaktere, Abenteuer oder Teile von Welten. Der nächste natürliche Schritt ist, selbst ein Rollenspiel oder eine Rollenspielwelt entwickeln zu wollen. Es ist Teil der Entwicklung eines Rollenspielers und meiner Meinung nach nötig und sinnvoll.

Ein Rollenspiel selbst zu schreiben ist eine tolle Sache. Man lernt viel dazu, erkennt anschließend besser, was funktioniert und was nicht. Man lernt über sich selbst und den eigenen Spielstil. Und es macht einfach Spaß. Ich habe natürlich auch so eine Leiche im Keller (oder auch nicht mehr, ich glaube, die Unterlagen sind inzwischen weg). Das Regelsystem war viel zu kompliziert. Die Welt Ikaaris hatte auch aus heutiger Sicht ein oder zwei gute Ideen, aber mehr eben nicht. Wir haben uns ein paar Monate damit beschäftigt und obwohl nie etwas fertiggeworden ist, hat es Spaß gemacht.

Das Tolle am Internet ist: Man kann seine Kreationen jetzt auch teilen. Als ich getippt und entwickelt habe, gab es gerade die ersten WYSIWYG-Wortprozessoren und wir hatten nur einen Nadeldrucker. Vervielfältigen war teuer und eine Verbreitung war schwer (soweit sind wir aber ohnehin nie gekommen).

Heute brauche ich kein Rollenspiel mehr selbst zu entwickeln. Das Internet ist voll davon und auch die Lust mit Regeln herumzuspielen ist nicht mehr so groß wie früher (genauer gesagt: gleich Null). Man sehe sich an, was für tolle Sachen entstanden sind: Dungeonslayers ist das für mich prominenteste Beispiel, weil es alles macht, was ich zurzeit an einem Rollenspiel gut und wichtig finde. Warrior, Rogue & Mage hat ebenfalls viel Zuspruch bekommen. SpacePirates finde ich witzig. Das sind nur drei Beispiele einer nahezu unerschöpflichen Reihe von innovativen und großartigen Rollenspielen, häufig kostenlos, die es zu finden gibt. Die ganze OSR-Szene entstand aus der Do-It-Yourself-Attitüde.

Man darf auch nicht vergessen: Ohne den Drang, etwas selbst schreiben und entwickeln zu wollen, wäre ich heute weder Autor noch Redakteur – und wie mir geht es vielen anderen auch. Wer weiß, ob Thomas Finn, Bernhard Hennen oder Karl-Heinz Witzko heute Romane schreiben würden, hätten sie sich nicht vorher bei DSA austoben können.

Durch Selbstgeschriebenes entsteht Innovation, und deshalb ist jedes selbstgeschriebene Rollenspiel eine tolle Sache. Die „Homebrews“ sind Teil der Szene und Teil der Entwicklung eines Rollenspielers. Sie gehören zum Rollenspielerleben dazu wie Geschichten von glücklichen Würfelwürfen, gemeinsame Erinnerungen an durch Lachtränen betrachtete Spielabende, viel zu lange Hintergrundgeschichten und die Aufregung, wenn man den Würfel in die Hand nimmt, um einen Drachen zu erschlagen.

Veröffentlicht am 13. Februar 2012, in Meinung. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Kommentare deaktiviert für Warum selbst schlechte Eigenkreationen gut sind.

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