Blog-Archive
[Rezension] Hellfrost – Kreaturenhandbuch
[Quellenbuch, Prometheus Games, Sprache: Deutsch, Hardcover, 214 Seiten, 34,95 €]
Die Reihe von Hellfrost ist endlich vollständig, d. h. alles, was man für ein Spiel braucht, ist da: Regeln, Welt, Monster. Letzteres wird durch das Kreaturenhandbuch abgedeckt, das kurz vor der Spielemesse erschien und das ich mir dort am Stand abholte (ich hatte vorbestellt). Die Geschichte des deutschen Hellfrost ist ein wenig holprig. Erst erschien das Spielerhandbuch als DIN-A4-Hardcover. Das Buch bot (und bietet immer noch in seiner neuen Form als B5-Hardcover) Sonderregeln, Charaktertypen, neue Zauber, Handicaps und Vorteile für ein Spiel in der kalten Welt von Hellfrost, in der der Winter selbst mit den Menschen Krieg führt. Die Savage-Worlds-Grundregeln (ebenfalls zur Messe neu aufgelegt) werden benötigt. Kennt man die typischen Plot-Point-Kampagnen-Bücher für SW, weiß man grob, was einen im Spielerhandbuch erwartet. Es sind die Informationen, die vor dem Teil mit den Abenteuern enthalten sind, die nur für den SL bestimmt sind. Das Buch liest sich gut, verbreitet Stimmung und macht sofort Laune, in die Welt von Hellfrost einzutauchen. Es bildet die essenzielle Grundlage für das gesamte Setting. Die beiden folgenden Bücher – Weltbeschreibung und Kreaturenbuch – sind zwar auch nötig, bestehen aber hauptsächlich aus listenhaften Einträgen.
Leider ist Hellfrost sehr nahe an Standard-Fantasy mit Elfen, Zwergen, Göttern und Magie. Die Welt hat ein gut umgesetztes Thema, doch schienen die deutschen Rollenspieler zu selten einen Grund zu finden, diese neue Welt aufzusuchen, schließlich bereisten sie ja bereits Aventurien, Midgard, Golarion oder eine andere Fantasywelt mit größerem Bekanntheitsgrad. Das Spielerhandbuch verkaufte sich schleppend und die Reihe sollte schließlich eingestellt werden.
Doch der Verlag entschied sich um (ein Thema, das sich durch die gesamte Geschichte von Prometheus zieht). In die anderen beiden Grundbücher war bereits Geld geflossen. Man startete eine selbst organisierte Crowdfunding-Aktion auf der Verlagswebseite, wo alle drei Grundbücher vorbestellt werden konnten. Kämen genug Vorbesteller zusammen, wird die Reihe vervollständigt, sonst erhalten alle ihr Geld zurück. Da es genug Interessenten gab, wurde zunächst das Spielerhandbuch im Format B5 neu aufgelegt. Das kleinere Format war von vielen Spielern gewünscht worden. Es folgte das Weltenbuch, das den Hellfrost-Kontinent Rassilon beschreibt. Es ist ein weiteres gut strukturiertes Buch voller Ideen, nur leider ohne Abenteuer. Die Weltkarte ist englisch geblieben, weil sich der Original-File nur sehr aufwendig und teuer verarbeiten ließ und eine Übersetzung die Kosten gesprengt hätte. Ich vermute nach Veröffentlichung des Buches fand der Verlag einen Fan, der die Umgestaltung günstig oder kostenlos übernahm, denn wieder einmal entschied er sich um und bot die Weltkarte später auf Deutsch zum kostenlosen Download an. Leider fehlt der Titel auf dem Buchrücken des Rassilonbandes, was mir aber erst später auffiel.
Dann war lange Pause. Schließlich erschien das Kreaturenhandbuch, der nun vor mir liegt. Zunächst fällt auf, das die Cellophanierung matt ist, nicht glänzend wie bisher. Wieder einmal entschied sich der Verlag zu etwas anderem. Ich habe jetzt also ein glänzendes Buch im Regal, ein glänzendes ohne Buchtitel und ein mattes Buch. Das tut der Qualität der Bände keinen Abbruch, ist aber schon etwas ärgerlich.
Als Objekt ist das Buch für jeden Rollenspieler eine Freude: Es liegt gut in der Hand, ist stabil, schwer für seine Größe, hat tolles Papier. Es ist vollfarbig mit vielen hervorragenden Bildern. Es ist voller Monster! Die Organisation ist allerdings eigenartig. Es gibt eine kurze Einleitung, dann eine alphabetische Auflistung der Kreaturen und am Ende noch eine handvoll Seiten über Relikte. Prinzipiell ist dagegen nichts einzuwenden, sobald ein Eintrag jedoch Unterpunkte hat (z. B. die verschiedenen Arten von Drachen oder Dämonen) stößt man auf Probleme. Die Überschriften unterscheiden sich nur minimal zwischen Über- und Unterpunkt, beim Durchblättern kann man sie kaum auseinanderhalten. Weder Inhaltsverzeichnis noch der lächerliche Index listen die Unterpunkte auf. Weiß man also nicht, dass ein Kobold eine rassilonische Dämonenart ist, sucht man sich zu Tode. Seltsam ist es auch unter G, den Eintrag „Gefahr“ zu finden, wo Dinge wie Lawinen oder Treibsand gelistet sind. Ich wäre jedenfalls nicht darauf gekommen, so etwas im Kreaturenkapitel zu vermuten.
Inhaltlich macht das Buch dieses Manko locker wett. Das Buch liefert über 200 Seiten mit Kreaturen und Gefahren (plus eine handvoll Zusatzinfos), alles von Dieb und Meuchelmörder, falls der Spielleiter entsprechende Werte benötigt, über Drache und Dämon bis hin zu Herold der Götter, Glitzerkäferschwarm und Kaltfeuerwicht. Der Spielleiter findet häufig benötigte Werte und besondere Kreaturen, die Ideen liefern und das Besondere von Rassilon hervorheben. Das Buch ist aber auch unabhängig von Hellfrost zu gebrauchen; gute Monsterbücher sind eine Bereicherung für jedes Rollenspielregal, egal welcher Ausrichtung. Wer die beiden anderen Bücher besitzt, wird den Kreaturenband ohnehin haben wollen. Trotz der Unübersichtlichkeit des Buches wird er nicht enttäuscht werden.
—
Da es auf der Messe so viel neues Zeug am Stand von Prometheus gab, sind hier noch zwei Fotos. Die Neuauflage von Ratten! ist leider immer noch nicht erhältlich.
Die Bindung des Grundregelwerks ist besser, als in der letzten Auflage.
[Rezension] Sundered Skies – Kompendium
[Quellenbuch/Abenteuer von Dave Blewer und Kevin L. Anderson, Prometheus Games, Sprache: Deutsch, Softcover/PDF, 168 Seiten, 19,95 €/9,95 €]
Die Plot-Point-Kampagne „Sundered Skies“ liefert seit geraumer Zeit eine einfallsreiche und faszinierende Fantasywelt mit fliegenden Inseln und dunkler Magie, in der das Licht selbst wahnsinnig macht. Das vorliegende Kompendium erweitert die gruselige Welt mit neuen Inseln, Göttern, Regeln und vielen Abenteuern.
„Sundered Skies“ kann mit einer Fantasywelt begeistern, die Bekanntes wie Zwerge, Elfen und Magie nimmt und in einen Zusammenhang bringt, der sowohl neu als auch stimmungsvoll ist. Es ist eine Dark-Fantasy-Welt voller Wahnsinn, Hunger und Dämonen, die vor Abenteuern und Ideen geradezu platzt. Die Götter sind sehr viel dichter in die Handlungen der Welt eingebunden, als dies in den meisten anderen Welten der Fall ist (und wer die Kampagne gespielt hat, weiß, wie sehr).
Die Plot-Point-Kampagne liefert eigentlich alles, was man zum Spielen benötigt. Wer jedoch erst einmal Blut geleckt hat, will wahrscheinlich noch mehr: mehr Abenteuer, mehr Monster, Talente und Zauber. Mit dem Ende der Kampagne muss nicht automatisch auch das Spiel in den geborstenen Himmeln beendet sein. Das vorliegende Kompendium zeigt, wie man auch danach noch weiterspielen kann.
Das Buch ist ein DIN-A5-Softcover. Die Bindung ist gewohnt gut und der Einband stabil. Das Coverbild ist etwas zu chaotisch, weiß aber zu gefallen. Die schwarzweiße Innengestaltung ist übersichtlich und hübsch anzusehen, auch wenn die meist recht kleinen Bilder in Farbe sicherlich mehr hätten überzeugen können. Aber auch in Schwarzweiß sind sie ansehnlich und so gibt es am Gesamtbild eigentlich nichts auszusetzen. Das Lektorat ist in Ordnung, aber nicht überragend. Nur die hohe Anzahl an Deppenleerzeichen ist erschreckend.
Das Kompendium liefert den Mix, den man bei einem Buch dieser Art erwarten kann. Wie bei „Savage Worlds“ üblich ist es unterteilt in ein (kurzes) Spieler- und ein Spielleiterkapitel. Ersteres liefert hauptsächlich neue Regelschnipsel, aber auch ein paar Infos zur Welt. Es gibt eine neue Form der Magie: Glühmagie. Diese bezieht ihre Energie aus dem Mana der Leere. Als solches ist sie gefährlicher als andere Magieformen, hat aber auch einige Vorteile – eine schöne und passende Ergänzung. Mit dem Ende der Kampagne tauchte außerdem eine neue Göttin auf: die Wunderschöne. Sehr gut gefallen haben mir die spielertauglichen Informationsbrocken über das alltägliche Leben (Architektur, Kleidung, Höflichkeit, …), Aberglauben und die erweiterte Weltbeschreibung. Über die neue Ausrüstung, die Talente und Handicaps ist wenig zu sagen. Sie bereichern die Möglichkeiten der Spieler und sind als solches gern gesehen.
Das Spielleiterkapitel greift einige der Informationen aus dem Spielerkapitel auf und erweitert sie. So betrachtet es zum Beispiel die Regeln hinter den Aberglauben oder verrät, was hinter der neuen Göttin, der Wunderschönen, steckt. Auch neue Relikte und Geheimbünde dürfen nicht fehlen. Wirklich wichtig ist ein Abschnitt über die Handhabung des Glühwahns. In Rezensionen zur Kampagne wurde moniert, dass die Regeln zum Glühwahn nicht funktionieren würden – zu schnell ist man ihm verfallen, wenn man die Regeln wortgetreu umsetzt. Hier erfährt der Leser nun die Intention hinter den Regeln, und wie er damit verfahren soll (nur dann anwenden, wenn der Glühwahn eine zentrale Stelle im Spiel einnimmt und ansonsten ignorieren – immer ein guter Tipp). Das ist wirklich etwas, das in das erste Buch gehört hätte.
Herzstück des Kapitels sind die weiterführenden Beschreibungen der Inseln, die damit zusammenhängenden Savage Tales, die neuen Monster und eine lange Liste mit Kulten und Geheimbünden. Letztere bieten eine tolle Ergänzung, um das Spiel auf den Inseln lebendig werden zu lassen und allein durch ihre Ziele Dutzende von Abenteueraufhängern (manchmal verweist ein Eintrag sogar direkt auf eine passende Savage Tale). Leider kann man über den Rest wenig berichten, ohne zu viel zu verraten. Deshalb sei hier nur gesagt, dass alles willkommene Ergänzungen voller Einfallsreichtum sind. Die Savage Tales bilden die übliche Mischung von „sehr gut“ bis „hätte ich mir selbst auch schnell ausdenken können“, tendieren aber eher Richtung Ersteres.
Den Abschluss des Buches bilden einige übersichtliche Schiffspläne, die jeder Gruppe hilfreich sein sollten und Anmerkungen zur Konversion des Buches zur aktuellen Regeledition. Letztere sind einfach umzusetzen.
Fazit: Das „Sundered Skies Kompendium“ ist eine hervorragende Ergänzung zur Kampagne. Es macht Spaß und liefert viele tolle Ideen, die geradezu danach schreien, im Spiel umgesetzt zu werden. Das Softcoverbuch ist stabil und hübsch. Jeder Fan von „Sundered Skies“ sollte zuschlagen.
[Erschienen auf Ringbote.de]
Hellfrost Spielerhandbuch Revised
Es geht also langsam los. Die Vorbestelleraktion für die Neuauflage von Hellfrost ist schon eine Weile vorbei. Das angestrebte Ziel wurde zwar nicht erreicht, doch reichen die Vorbestellungen aus, um alle drei Bücher in voller Farbenpracht und im beliebten Format DIN B5 herauszubringen.
Wer nun befürchtet hat, dass sich nichts tut und man genauso lange auf die Bücher warten muss damals auf Rippers, der scheint zu irren. Das Spielerhandbuch ist jedenfalls bereits fertiggestellt und muss nur noch gedruckt werden. Das PDF kann man schon jetzt erwerben und sich davon überzeugen, dass wirklich etwas passiert. Der Text der Weltbeschreibung auch bereits aus dem Lektorat zurück, sodass das Layout bald beginnen kann. Auch das Monsterbuch wird lt. Verlagshomepage hoffentlich noch dieses Jahr erscheinen. Klopft auf Holz …
Hellfrost ist eine recht klassische Fantasywelt, jedoch mit einem Winter-Twist. Die Welt droht vom Winter und von Winterkreaturen überrollt zu werden, was zum steten Überlebenskamfp der Bewohner führt. Das klingt zwar zunächst wenig aufregend, aber das Spielerhandbuch weiß auf subtile Weise zu beeindrucken. Viele Kleinigkeiten machen das Buch zu etwas Lesenswertem.
Zur Neuauflage ist wenig zu sagen, das ich nicht bereits gesagt hätte. Der Unterschied ist wirklich nur das Format. Das Layout ist hübsch, die Bilder toll und der Schreibstil unterhaltsam. Die Bilder wirken teilweise etwas rabiat abgeschnitten, was wahrscheinlich dem Format geschuldet ist. Ich habe das alte Spielerhandbuch aber gerade nicht für einen Vergleich zur Hand. Man kann im PDF den Hintergrund und die Bilder unabhängig voneinander ausblenden, um Druckkosten zu sparen (hier funktioniert es auch im Gegensatz zum Sunders Skies Kompendium). Das B5-Format ist außerdem sehr Tablet-freundlich. Alle weiteren Details entnehmt bitte meiner alten Rezension.
Ich freue mich sehr, dass Hellfrost trotz aller Unkenrufe noch lebt und bin gespannt auf die beiden folgenden Bücher.
Savage Worlds GERTA im Test mit Rippers
Am Sonntag hatte ich Gelegenheit „Rippers“ auf dem Wolfsburger Rollenspiel-DinG auszuprobieren und dabei die Taschenbuchausgabe der Savage-Words-Grundregeln am Tisch einzusetzen.
In der Praxis hat sich über Rippers bestätigt, was ich bereits an anderer Stelle sagte. Als Abenteuer wählte ich „The Third Hand“, Pulp-Action-Abenteuer im nebligen London. Die Handlung spielt an einer einzigen Nacht und ich hoffte, sie an einem Spielabend fertigzubekommen. Letzteres hat leider nicht geklappt, aber es fehlte nur noch der Showdownkampf, den ich locker erzählen konnte.
Das Abenteuer ist prinzipiell gut: Thuggee, ein Kampf in einem Zug im U-Bahn-Tunnel, die Möglichkeit das Britische Museum zu zerlegen, alle guten Elemente für pulpige Action sind da. Die Handlung ist gradlinig, was aber nur an zwei Stellen stört: Leider will das Abenteuer zweimal, dass jemand aus Kämpfen entkommt, ein Railroading, das ich nicht mag und nicht verstehe. Hätte der Autor die Geschichte minimal umgestrickt – so wie ich es schlussendlich getan habe – wäre es nicht nötig gewesen. Bei der zweiten Situation war die Vorgabe, dass unbedingt jemand entkommen muss, auch noch völlig unnötig. Mit zwei Sätzen hätte der Leser genug Hinweise bekommen können, wie es auch anders weitergeht.
Wir hatten jedenfalls Spaß. Leider zog ich bei der Initiative bei den ersten Kämpfen so schlecht (die Bösen waren immer als letzte dran), dass sie vorbei waren, bevor ein einziger Angriffswurf gegen die Charaktere gemacht wurde. Später wurde es spannender. „The Third Hand“ würde sich als Übersetzung ins Deutsche lohnen – ich würde in diesem Fall nur an zwei Stellen minimale Anpassungen vornehmen, damit die deutsche Railroading-Hasser-Mannschaft nicht ausflippt.
Über die GERTA (Gentleman Edition Revised Taschenbuchausgabe) will ich auch noch ein paar Worte verlieren, obwohl es nicht viel zu ergänzen gibt. Das Layout ist spartanisch aber übersichtlich. Der Index kam beim Vorbereiten mehrere Male zum Einsatz und hat jedes Mal die Seite ausgespuckt, die ich gesucht habe. Auch die Wahl der Schriftart für die Überschriften (die gleiche wie im bunten Hardcover), die mir zunächst etwas schwer lesbar erschien, erwies sich in der Praxis als absolut tauglich. Ich umklebte zu Hause die Schnittkanten des Covers mit Tesafilm, damit sich die Cellophanierung nicht löst. Das ist auch die einzige Schwachstelle, die ich sehe. Die Bindung hat die Benutzung gut überstanden und es gab keine Knicke oder andere Gebrauchsspuren. Bei dem unglaublichen Preis von 9,95 € für das komplette Regelwerk kann man nur auf große Verbreitung des gelungenen Regelwerks hoffen.
Con-Bericht: ADI 2012
Wahrscheinlich lag es an mir. Die Stimmung beim alljährlichen Rollenspiel-Con in Otterndorf war dieses Jahr anders als sonst. Gründe dafür gab es genug. Zum einen kam ich leicht erkältet und mit dem Kopf voller „Real-Live-Gedanken“ am Donnerstag an, und am Freitag weitete sich eine leichte Erkältung zu einer ausgewachsenen Laufnase mit Halsschmerzen und dauerhafter Müdigkeit aus, d. h. meine Stimmung war von sich aus schon anders. Zum anderen fehlten ein paar der Stammbesucher in diesem Jahr – teils aus erfreulichen, teils aus weniger erfreulichen Gründen – was für Gesprächsstoff sorgte und die Unterhaltungen ein wenig von den üblichen Geek-Themen weglenkte. Und dann war es natürlich das zehnjährige Jubiläum des Cons, das, so viel wussten wir, am Samstag entsprechend gefeiert werden sollte. Wir feierten also diese Zusammenkunft, die seit 10 Jahren eine eingeschworene kleine Gemeinschaft an die Nordseeküste treibt, um zu spielen, zu quatschen und zu trinken (und zu essen – wir wollen das herausragend gute Essen von Cookie und seiner Crew nicht vergessen). Wir feierten uns – und welchen besseren Grund könnte es zum Feiern geben?
Wetter und Verkehr waren uns gnädig und so erreichten wir nach ereignisloser Fahrt ein klein wenig zu früh den Con, bezogen die Betten und konnten gleich zu Beginn dem Deich einen Besuch abstatten. Nach Essen und Begrüßung startete ich meine erste Spielrunde.
Ich hatte mich lange darauf gefreut, das neue Dungeon Crawl Classics RPG auszuprobieren und hier hatte ich nun die Gelegenheit. Ich hatte 24 fertige Charaktere der nullten Stufe, das Abenteuer „Sailors on the Starless Sea“ und zwei Sätze der abgefahrenen Würfel im Gepäck, die das Spiel benötigt. Das DCC RPG arbeitet mit den üblichen 6 Würfelarten (W4 bis W20) und zusätzlich mit W3, W5, W7, W14, W16, W24 und W30. Es war gar nicht so einfach, zwei Sätze davon zusammenzubekommen, aber dem Internet sei Dank hatte ich es geschafft.
Im DCC RPG beginnen die Spieler auf Stufe 0. Damals, zu Zeiten der roten Box ging bekanntlich der Witz um, dass es sich nicht lohnen würde, seinem Charaktere vor der 3. Stufe einen Namen zu geben, weil er wahrscheinlich sowieso sterben würde. Das DCC RPG baut die Idee aus: Jeder Spieler beginnt mit 3 bis 4 Charakteren der 0. Stufe, einfache Bauern, Handwerker oder Söldner, die mit 1W4 Trefferpunkten, ein paar Kupfermünzen und einer improvisierten Waffe ins Abenteuerleben ziehen. Wer das erste Abenteuer überlebt, steigt in die 1. Stufe auf und kann sich eine Charakterklasse aussuchen. Als Klassen stehen die aus der roten Box bekannten Typen zur Auswahl: Kämpfer, Dieb, Kleriker, Magier, Elf, Zwerg und Halbling – ja, Rassen sind gleichzeitig Klassen, keine Halblingkämpfer oder Elfenkrieger.
Jeder der 5 Spieler zog zufällig drei Charaktere. Einer zog drei Kartoffelbauern, die er prompt zu Brüdern machte und die mit ihren Mistgabeln auch einiges ausrichten konnten. Alle 15 Recken waren Bewohner eines Dorfes, aus dem seit Wochen immer wieder Leute von ekelhaften Tiermenschen entführt werden. Wahrscheinlich bringen sie die Entführungsopfer zu einer uralten Ruine, die die Kuppe eines Hügels neben dem Dorf verunziert und als verflucht gilt. 15 Dorfbewohner machen sich auf, um ihre Freunde und Verwandte zu retten. Das Abenteuer beginnt in Sichtweite der Ruine.
Es gab zwei Möglichkeiten hineinzugelangen: Eine Einsturzstelle in der Mauer und der Haupteingang. Man entschied sich für die Einsturzstelle und prompt gab es den ersten Toten, denn eine der Spielerfiguren kletterte über den Haufen aus riesigen Steinen, ohne dessen Trittsicherheit zu prüfen. Eine Steinlawine später war er begraben, ein geheimer Eingang in ein kleines Grabgewölbe freigelegt und der Steinhaufen nun auch wieder trittsicher.
Der Schwund an Charakteren riss kaum ab. Leider verpassten sie auch noch einige Dinge, die ihnen im späteren Verlauf hätten helfen können. Später fanden sie paar der entführten Dörfler und drei davon schlossen sich der Gruppe an, um ihre Reihen wieder aufzufüllen (drei Spieler hatten inzwischen nur noch je einen Charakter). Dann ging es unter die Burg, wo ein sternenloser See und grässliche Ungeheuer auf die Gruppe warteten. Durch Glück überlebten immerhin drei der insgesamt 18 Figuren.
Abgesehen von einem Müdigkeitseinbruch bei zwei (oder sogar drei?) der Spieler, lief das Abenteuer flüssig, kurzweilig und – soweit ich das aus Spielleitersicht beurteilen kann – unterhaltsam ab. Die Idee mit den vielen Charaktere in einer tödlichen Umgebung wurde gut angenommen und anschaulich dargestellt. Das nächste Mal werde ich noch mehr darauf hinweisen, dass Taktik und kreativer Umgang mit Waffen und Umgebung eine weit größere Rolle spielen als bei anderen Rollenspielen. Dann überleben bestimmt auch noch ein paar mehr der Figuren. Ich werde das DCC RPG jedenfalls nicht das letzte Mal gespielt haben. Für mich war es ein voller Erfolg.
Freitag übermannte mich, wie gesagt, die Erkältung und so beschloss ich nachmittags nicht zu spielen. Ich wollte abends unbedingt in einer Runde dabei sein und es lieber ein wenig ruhiger angehen lassen. Als dann aber einer meiner Spieler aus der DCC-Runde anbot, einen Dungeon-2-Go für Dungeonslayers zu leiten, konnte ich nicht ‚Nein‘ sagen. Ich bin viel zu selten Spieler bei DS. Wir spielten „Die Herrin vom Spinnenberg“, was wir Spieler alle noch nicht kannten. Die Runde war entspannt und lustig. Der SL arbeitete mit einem selbst programmierten iPad-App bei dem eine Karte nach und nach mit Doppel-Taps freigelegt wird – coole Sache. Als ich dachte, das Abenteuer wäre vorbei, ging es erst richtig los und wir konnten am Ende einen ganzen Haufen Schätze nach Hause schleppen. DS bleibt damit – Befangenheit hin oder her – mein derzeitiges Lieblings-Fantasy-System.
Danach hatte ich Zeit, mich eine Stunde aufs Ohr zu hauen und abends ergatterte ich einen Platz in der heiß umkämpften Runde „Das Red-Hook-Massaker“ mit Savage-Worlds-, genauer mit Realms-of-Cthulhu-Regeln. (Private Anmerkung: Seht ihr die vielen Bindestriche? Das nennt man „Durchkoppeln“ und sollte viel häufiger gemacht werden. Damn you, Deppenleerzeichen.) Das Abenteuer basierte auf dem Comic „Neonomicon“ von Allan Moore und war von der ersten Sekunde an stimmungsvoll in Szene gesetzt. Leider hielt ich nur bis kurz nach Mitternacht durch, dann war ich einfach zu kaputt zum Weiterspielen. Wie mir erzählt wurde, ging die Runde bis halb drei und war dann noch nicht beendet. Wir spielten Sonntagvormittag zu Ende. Ich sollte öfter Savage Worlds spielen; die Regeln funktionieren einfach gut. Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Der große Spaß war dem hervorragenden Spielleiter zu verdanken und weniger den Regeln.
Samstagnachmittag leitete ich mal wieder Trail of Cthulhu. Meine Wahl war auf „Shanghai Bullets“ gefallen. Das letzte Jahr war mir eine Lehre, und ich verlegte mich lieber auf Intrigen und Action als auf Stimmungsspiel. Meine Stimme machte dank Lutschpastillen und literweise Wasser und Cola mit. Das Abenteuer ist hervorragend (wie eigentlich alle aus dem Band „Stunning Eldritch Tales“. Die Charaktere müssen im Shanghai der 30er Jahre einen seltsamen Mord aufklären. Ein Geistlicher wurde ausgedörrt und von jeder Flüssigkeit befreit in einem zwielichtigen Hotel gefunden, wo er eigentlich nichts zu suchen haben sollte. Er sah aus, wie eine Mumie. Wie es zu dem Flüssigkeitsverlust kam, war ungeklärt. Die Nachforschungen führen die Ermittler in eine direkte Konfrontation mit gleich mehreren politischen und verbrecherischen Gruppierungen der Stadt. So gut das Abenteuer ist, leider ist die Spurenstraße nicht ganz so deutlich, wie ich sie gern gehabt hätte. Aber wir beendeten das Abenteuer erfolgreich und pünktlich – sogar viel erfolgreicher als mir lieb war, weil die Spieler zwei spannende Action-Szenen einfach umgingen. Letztendlich hat es aber viel Spaß gemacht.
Ich bin aber auch mal wieder über das Regelsystem von ToC gestolpert. Das Poolsystem ist für die investigativen Fertigkeiten hervorragend geeignet, doch bei den Actionsequenzen tue ich mich immer noch schwer. Sobald die Spieler ahnen, das es die Showdown-Szene wird, hauen sie logischerweise ihre Poolpunkte mit vollen Händen raus. So können sie die meisten Proben ohne zu würfeln erfolgreich abschließen, was die Spannung doch erheblich vermindert. Abgesehen davon können dies natürlich auch die Schurken, was gerade bei Verfolgungsjagden mit Monstern (o. Ä.) zu Problemen führt. Es scheint essenziell wichtig für die Spannung zu sein, dass schon vorher mindestens eine Actionszene im Abenteuer ist, damit das System richtig gut funktioniert. Das Spiel selbst muss ein wenig an das Poolsystem angepasst werden, etwas das ich noch nicht komplett durchblickt habe. Ich muss weiter daran arbeiten.
Dann kam auch schon der Abschlussabend mit Jubliäumsbuffet, Tablequiz und Party mit Musik. Wir sind dort ja gutes Essen gewohnt, aber mit dem Buffet hat sich die Küchencrew wirklich selbst übertroffen. Kurz nach 23:oo Uhr waren alle pappsatt und das Tablequiz konnte losgehen. Wie immer – auch wenn es diesmal von anderen Organisatoren gemacht wurde – war es ein Heidenspaß, und zur Freude meines Egos konnte ich nicht nur ein wenig zur Beantwortung der Fragen an unserem Tisch beitragen (eine Abwechslung zu meinen letzten Tablequizen), sondern wir gewannen auch noch. Das brachte mir eine signierte Ausgabe des Spiels Junta ein, wofür ich dem großzügigen Sponsor Pegasus nur danken kann. Danach wurde Musik aufgelegt und Cocktails getrunken (die von einem der Con-Besucher gemixt wurden), und ich holte das an Gesprächen nach, was ich bisher ausgelassen hatte.
Sonntagmittag fuhren wir zurück – müde aber zufrieden. Die ADI-Con hatte erfolgreich 10 Jahre Bestehen gefeiert, da kann man nur hoffen, dass sie auch noch das 20. Jubliäum erlebt.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.