Con-Bericht: ADI 2012

Wahrscheinlich lag es an mir. Die Stimmung beim alljährlichen Rollenspiel-Con in Otterndorf war dieses Jahr anders als sonst. Gründe dafür gab es genug. Zum einen kam ich leicht erkältet und mit dem Kopf voller „Real-Live-Gedanken“ am Donnerstag an, und am Freitag weitete sich eine leichte Erkältung zu einer ausgewachsenen Laufnase mit Halsschmerzen und dauerhafter Müdigkeit aus, d. h. meine Stimmung war von sich aus schon anders. Zum anderen fehlten ein paar der Stammbesucher in diesem Jahr – teils aus erfreulichen, teils aus weniger erfreulichen Gründen – was für Gesprächsstoff sorgte und die Unterhaltungen ein wenig von den üblichen Geek-Themen weglenkte. Und dann war es natürlich das zehnjährige Jubiläum des Cons, das, so viel wussten wir, am Samstag entsprechend gefeiert werden sollte. Wir feierten also diese Zusammenkunft, die seit 10 Jahren eine eingeschworene kleine Gemeinschaft an die Nordseeküste treibt, um zu spielen, zu quatschen und zu trinken (und zu essen – wir wollen das herausragend gute Essen von Cookie und seiner Crew nicht vergessen). Wir feierten uns – und welchen besseren Grund könnte es zum Feiern geben?

Wetter und Verkehr waren uns gnädig und so erreichten wir nach ereignisloser Fahrt ein klein wenig zu früh den Con, bezogen die Betten und konnten gleich zu Beginn dem Deich einen Besuch abstatten. Nach Essen und Begrüßung startete ich meine erste Spielrunde.

Ich hatte mich lange darauf gefreut, das neue Dungeon Crawl Classics RPG auszuprobieren und hier hatte ich nun die Gelegenheit. Ich hatte 24 fertige Charaktere der nullten Stufe, das Abenteuer „Sailors on the Starless Sea“ und zwei Sätze der abgefahrenen Würfel im Gepäck, die das Spiel benötigt. Das DCC RPG arbeitet mit den üblichen 6 Würfelarten (W4 bis W20) und zusätzlich mit W3, W5, W7, W14, W16, W24 und W30. Es war gar nicht so einfach, zwei Sätze davon zusammenzubekommen, aber dem Internet sei Dank hatte ich es geschafft.

Im DCC RPG beginnen die Spieler auf Stufe 0. Damals, zu Zeiten der roten Box ging bekanntlich der Witz um, dass es sich nicht lohnen würde, seinem Charaktere vor der 3. Stufe einen Namen zu geben, weil er wahrscheinlich sowieso sterben würde. Das DCC RPG baut die Idee aus: Jeder Spieler beginnt mit 3 bis 4 Charakteren der 0. Stufe, einfache Bauern, Handwerker oder Söldner, die mit 1W4 Trefferpunkten, ein paar Kupfermünzen und einer improvisierten Waffe ins Abenteuerleben ziehen. Wer das erste Abenteuer überlebt, steigt in die 1. Stufe auf und kann sich eine Charakterklasse aussuchen. Als Klassen stehen die aus der roten Box bekannten Typen zur Auswahl: Kämpfer, Dieb, Kleriker, Magier, Elf, Zwerg und Halbling – ja, Rassen sind gleichzeitig Klassen, keine Halblingkämpfer oder Elfenkrieger.

Jeder der 5 Spieler zog zufällig drei Charaktere. Einer zog drei Kartoffelbauern, die er prompt zu Brüdern machte und die mit ihren Mistgabeln auch einiges ausrichten konnten. Alle 15 Recken waren Bewohner eines Dorfes, aus dem seit Wochen immer wieder Leute von ekelhaften Tiermenschen entführt werden. Wahrscheinlich bringen sie die Entführungsopfer zu einer uralten Ruine, die die Kuppe eines Hügels neben dem Dorf verunziert und als verflucht gilt. 15 Dorfbewohner machen sich auf, um ihre Freunde und Verwandte zu retten. Das Abenteuer beginnt in Sichtweite der Ruine.

Es gab zwei Möglichkeiten hineinzugelangen: Eine Einsturzstelle in der Mauer und der Haupteingang. Man entschied sich für die Einsturzstelle und prompt gab es den ersten Toten, denn eine der Spielerfiguren kletterte über den Haufen aus riesigen Steinen, ohne dessen Trittsicherheit zu prüfen. Eine Steinlawine später war er begraben, ein geheimer Eingang in ein kleines Grabgewölbe freigelegt und der Steinhaufen nun auch wieder trittsicher.

Der Schwund an Charakteren riss kaum ab. Leider verpassten sie auch noch einige Dinge, die ihnen im späteren Verlauf hätten helfen können. Später fanden sie paar der entführten Dörfler und drei davon schlossen sich der Gruppe an, um ihre Reihen wieder aufzufüllen (drei Spieler hatten inzwischen nur noch je einen Charakter). Dann ging es unter die Burg, wo ein sternenloser See und grässliche Ungeheuer auf die Gruppe warteten. Durch Glück überlebten immerhin drei der insgesamt 18 Figuren.

Abgesehen von einem Müdigkeitseinbruch bei zwei (oder sogar drei?) der Spieler, lief das Abenteuer flüssig, kurzweilig und – soweit ich das aus Spielleitersicht beurteilen kann – unterhaltsam ab. Die Idee mit den vielen Charaktere in einer tödlichen Umgebung wurde gut angenommen und anschaulich dargestellt. Das nächste Mal werde ich noch mehr darauf hinweisen, dass Taktik und kreativer Umgang mit Waffen und Umgebung eine weit größere Rolle spielen als bei anderen Rollenspielen. Dann überleben bestimmt auch noch ein paar mehr der Figuren. Ich werde das DCC RPG jedenfalls nicht das letzte Mal gespielt haben. Für mich war es ein voller Erfolg.

Freitag übermannte mich, wie gesagt, die Erkältung und so beschloss ich nachmittags nicht zu spielen. Ich wollte abends unbedingt in einer Runde dabei sein und es lieber ein wenig ruhiger angehen lassen. Als dann aber einer meiner Spieler aus der DCC-Runde anbot, einen Dungeon-2-Go für Dungeonslayers zu leiten, konnte ich nicht ‚Nein‘ sagen. Ich bin viel zu selten Spieler bei DS. Wir spielten „Die Herrin vom Spinnenberg“, was wir Spieler alle noch nicht kannten. Die Runde war entspannt und lustig. Der SL arbeitete mit einem selbst programmierten iPad-App bei dem eine Karte nach und nach mit Doppel-Taps freigelegt wird – coole Sache. Als ich dachte, das Abenteuer wäre vorbei, ging es erst richtig los und wir konnten am Ende einen ganzen Haufen Schätze nach Hause schleppen. DS bleibt damit – Befangenheit hin oder her – mein derzeitiges Lieblings-Fantasy-System.

Danach hatte ich Zeit, mich eine Stunde aufs Ohr zu hauen und abends ergatterte ich einen Platz in der heiß umkämpften Runde „Das Red-Hook-Massaker“ mit Savage-Worlds-, genauer mit Realms-of-Cthulhu-Regeln. (Private Anmerkung: Seht ihr die vielen Bindestriche? Das nennt man „Durchkoppeln“ und sollte viel häufiger gemacht werden. Damn you, Deppenleerzeichen.) Das Abenteuer basierte auf dem Comic „Neonomicon“ von Allan Moore und war von der ersten Sekunde an stimmungsvoll in Szene gesetzt. Leider hielt ich nur bis kurz nach Mitternacht durch, dann war ich einfach zu kaputt zum Weiterspielen. Wie mir erzählt wurde, ging die Runde bis halb drei und war dann noch nicht beendet. Wir spielten Sonntagvormittag zu Ende. Ich sollte öfter Savage Worlds spielen; die Regeln funktionieren einfach gut. Aber Ehre, wem Ehre gebührt: Der große Spaß war dem hervorragenden Spielleiter zu verdanken und weniger den Regeln.

Samstagnachmittag leitete ich mal wieder Trail of Cthulhu. Meine Wahl war auf „Shanghai Bullets“ gefallen. Das letzte Jahr war mir eine Lehre, und ich verlegte mich lieber auf Intrigen und Action als auf Stimmungsspiel. Meine Stimme machte dank Lutschpastillen und literweise Wasser und Cola mit. Das Abenteuer ist hervorragend (wie eigentlich alle aus dem Band „Stunning Eldritch Tales“. Die Charaktere müssen im Shanghai der 30er Jahre einen seltsamen Mord aufklären. Ein Geistlicher wurde ausgedörrt und von jeder Flüssigkeit befreit in einem zwielichtigen Hotel gefunden, wo er eigentlich nichts zu suchen haben sollte. Er sah aus, wie eine Mumie. Wie es zu dem Flüssigkeitsverlust kam, war ungeklärt. Die Nachforschungen führen die Ermittler in eine direkte Konfrontation mit gleich mehreren politischen und verbrecherischen Gruppierungen der Stadt. So gut das Abenteuer ist, leider ist die Spurenstraße nicht ganz so deutlich, wie ich sie gern gehabt hätte. Aber wir beendeten das Abenteuer erfolgreich und pünktlich – sogar viel erfolgreicher als mir lieb war, weil die Spieler zwei spannende Action-Szenen einfach umgingen. Letztendlich hat es aber viel Spaß gemacht.

Ich bin aber auch mal wieder über das Regelsystem von ToC gestolpert. Das Poolsystem ist für die investigativen Fertigkeiten hervorragend geeignet, doch bei den Actionsequenzen tue ich mich immer noch schwer. Sobald die Spieler ahnen, das es die Showdown-Szene wird, hauen sie logischerweise ihre Poolpunkte mit vollen Händen raus. So können sie die meisten Proben ohne zu würfeln erfolgreich abschließen, was die Spannung doch erheblich vermindert. Abgesehen davon können dies natürlich auch die Schurken, was gerade bei Verfolgungsjagden mit Monstern (o. Ä.) zu Problemen führt. Es scheint essenziell wichtig für die Spannung zu sein, dass schon vorher mindestens eine Actionszene im Abenteuer ist, damit das System richtig gut funktioniert. Das Spiel selbst muss ein wenig an das Poolsystem angepasst werden, etwas das ich noch nicht komplett durchblickt habe. Ich muss weiter daran arbeiten.

Dann kam auch schon der Abschlussabend mit Jubliäumsbuffet, Tablequiz und Party mit Musik. Wir sind dort ja gutes Essen gewohnt, aber mit dem Buffet hat sich die Küchencrew wirklich selbst übertroffen. Kurz nach 23:oo Uhr waren alle pappsatt und das Tablequiz konnte losgehen. Wie immer – auch wenn es diesmal von anderen Organisatoren gemacht wurde – war es ein Heidenspaß, und zur Freude meines Egos konnte ich nicht nur ein wenig zur Beantwortung der Fragen an unserem Tisch beitragen (eine Abwechslung zu meinen letzten Tablequizen), sondern wir gewannen auch noch. Das brachte mir eine signierte Ausgabe des Spiels Junta ein, wofür ich dem großzügigen Sponsor Pegasus nur danken kann. Danach wurde Musik aufgelegt und Cocktails getrunken (die von einem der Con-Besucher gemixt wurden), und ich holte das an Gesprächen nach, was ich bisher ausgelassen hatte.

Sonntagmittag fuhren wir zurück – müde aber zufrieden. Die ADI-Con hatte erfolgreich 10 Jahre Bestehen gefeiert, da kann man nur hoffen, dass sie auch noch das 20. Jubliäum erlebt.

Veröffentlicht am 23. September 2012 in Meinung und mit , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Kommentare deaktiviert für Con-Bericht: ADI 2012.

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