Rezension: Lone Wolf Multiplayer Gamebook
Wenn irgendetwas Wellen nostalgischen Wohlseins über meinen Rücken treibt, dann ist es (neben ein paar D&D-Klassikern) die Spielbuchreihe „Einsamer Wolf“. Teil 1 bis 10 habe ich damals besessen, genauso wie Devers Kurzreihe „Silberstern der Magier“. Ich habe, bevor ich einen W10 besaß mit einem Bleistift und geschlossenen Augen auf ein Blatt Papier mit zufällig verteilten Zahlen getippt, Kampfwerte in einer Tabelle miteinander verglichen und gelitten, wenn irgendein starkes Monster oder zu kleine Zufallszahlen meinen Kai-Lord vernichteten.
Mit großer Freude beobachte ich regelmäßig das Project Aon, das alle alten Lone-Wolf-Abenteuer als HTML verfügbar macht – umsonst und abgesegnet von Joe Dever. Fast alle der 32 Bücher sind dort bereits anzuschauen, ebenso wie ein Freeway-Warrior-Buch und diverse andere interessante Files für den Fan. Ebenso erfreut es mich immer wieder neue Ankündigungen von Neuauflagen der Bücher zu sehen – seit einiger Zeit sogar auf Deutsch (Mantikor-Verlag). Das erste deutsche Buch habe ich mir gekauft und es werden bestimmt noch weitere folgen.
Die Reihe hatte alles, was ein cooles Spielbuch benötigt: Eine fortlaufende Geschichte, die aber auch in Einzelteilen zu genießen war, spannende Spielverläufe mit der guten Chance zu sterben, aber einer ebenso guten das komplette Buch zu überleben. Die Regeln waren eines Spielbuchs würdig: Es gab zwei Werte, einen Kampfwert und einen Gesundheitswert. Außerdem gab es Sonderfertigkeiten, die im Spielbuch Anwendung finden konnten, und je mehr Bücher man durchgespielt hatte, desto mehr Fertigkeiten hatte die Figur.
Mongoose, der Verlag der englischen Neuauflage, hat gleich zu Beginn angekündigt, ein Rollenspiel herauszubringen, das die einfachen Spielbuchregeln benutzt (eine d20-Variante gab es bereits). Das Buch ist unter dem Titel „Lone Wolf Multiplayer Gamebook“ vor kurzem erschienen und ist wahres Nostalgie-Gold.
Zielgruppe sind Rollenspielanfänger. Die Regeln sind wirklich so einfach, dass sie jeder kapieren sollte. Die Werte der Kai-Lords sind exakt wie im Spielbuch, nur dass die Sonderfertigkeiten etwas ausführlicher erklärt werden. Proben gibt es auch: Man ermittelt eine Zahl zwischen 0 und 9 (mit Hilfe eines W10s oder mit der Stift-auf-Papier-Methode) und der Spielleiter legt fest, welchen Mindestwurf man erreichen muss. Das war’s. Es gibt noch ein paar Tipps, wie man Boni für die Würfe festlegen kann (z. B. wenn eine passende Sonderfertigkeit angewendet wird o. ä.), aber mehr auch nicht.
Auch die Kampfregeln sind wie in den Büchern: Es wird die Differenz der Kampfwerte und pro Runde einmal eine Zufallszahl ermittelt. Eine Tabelle gibt an, wie viele Punkte Gesundheit der Gegner und/oder der Spielercharakter verlieren. Ein paar einfache und geschickte Regeln für Kämpfe gegen mehrere Gegner ermöglichen rudimentäre Taktik.
Der Rest des kleinen Buches (112 Seiten, Taschenbuchgröße; 10 Pfund, also ca. 15 bis 16 Euro) enthält Spieltipps für Spieler und Spielleiter, ein paar Seiten über die Geschichte der Welt Magnamund, ein paar Monster, eine kurze Beschreibung des Landstriches „Lastlands“ und ein langes und ausführlich beschriebenes Abenteuer.
Alles wird detailiert erklärt. Genauso stelle ich mir ein Buch für Rollenspielanfänger vor. Die Schrift ist groß und die Beschreibungen von Welt und Monstern kurz, die Regeln und Spieltipps sind dafür umso ausführlicher. Das Abenteuer nimmt den Spielleiter Spielbuch-mäßig bei der Hand („Wenn die Spieler das machen, lies hier, machen sie dies, lies dort“), gibt Ratschläge zur Darstellung von Kampf und NSCs und bietet viele Vorlesetexte.
15 bis 16 Euro sind für ein komplettes Rollenspiel nicht viel und senken die Einstiegshürde. (Auf der anderen Seite ist es schon eine Menge Geld für ein kleines Buch mit großer Schrift, doch das sollte niemanden abhalten.) Auf dem Klappentext und der Mongoose-Homepage sind drei Abenteuer angekündigt, aber es ist nur eins im Buch enthalten.
Ich bin wirklich begeistert von dem Buch: Nostalgie pur, so einfach, wie es nur sein kann und für Anfänger besser geeignet als alles, was ich bisher gesehen habe. Man möchte sofort losspielen. Ich hoffe sehr, dass Mantikor die Bücher übersetzt, dann werde ich ein paar davon kaufen und sie zusammen mit einem oder zwei Spielbüchern an Kinder in der Verwandtschaft verschenken.
Drei weitere Bücher sind bereits angekündigt: „Terror of the Darklords“ ist eine große Kampagne (Juni), „Heroes of Magnamund“ beschreibt weitere Charakterklassen (Juli; im Grundbuch sind nur die Kai Lords enthalten) und „Sommerlund“ ist ein Quellenbuch über die namensgebende Nation.
Im hauseigenen und kostenlosen E-Zine Signs and Portents findet man außerdem ein weiteres Abenteuer (Nr. 79) und eine von den in „Heroes“ beschriebenen Charakterklassen (Nr. 80).
Veröffentlicht am 7. Mai 2010 in Rezensionen und mit Old-School getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. Kommentare deaktiviert für Rezension: Lone Wolf Multiplayer Gamebook.
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